Hallo zusammen!
Das Gefühl ist schwer adäquat in Worte zu fassen. An einem Tag begannen wir mit dem Abstieg hinab in die Lothenbachklamm; ein wunderschönes Stück Wanderweg, was zwar etwas zu touristisch erschlossen ist, um noch als wilde Natur zu gelten, aber was zugleich mit schmalen Pfaden, teils krummen Brücken, quer über die Schlucht liegenden Baumstämmen, einem Wasserfall und einer Sperrung aus Lebensgefahr durchaus zu verzaubern weiß. Von dort aus ging es in die Wutachschlucht hinab und am Ende immer weiter hinauf, durch Dörfer, über Höfe, durch Wälder und Täler, stets ganz wie es das Klischee will der untergehenden Sonne entgegen.
Ihr erahnt es – ich war mal wieder in Urlaub. Einmal mehr, jetzt schon das achte Mal, haben wir uns in unser Exil auf etwa 1.000 Metern Höhe begeben, in den Schwarzwald, fort von großen Städten, Handynetzen und dem Alltag.
Bezüglich des Ritts in den Sonnenuntergang kann ich zwar sagen, dass das in Westernfilmen viel romantischer ist als in echt, wenn einen unser oller Gasriese die ganze Zeit nur penetrant blendet, aber insgesamt war es einmal mehr eine tolle Erfahrung. Wir leben ja in Zeiten eigentümlicher technischer Features, und somit kann ich guten Gewissens berichten, dass wir in der Woche etwa 90 Kilometer gutgemacht haben. Voller Natur, toller Eindrücke, Ruhe und Inspiration.
Also alles wie immer? Na ja, nicht ganz – anders als die letzten x Male waren wir nicht zur Schneezeit dort, sondern mitten im prallen Spätsommer. Nicht das erste Mal – obschon wir auch schon einmal dort waren und von Bräunungswetter in nur einer Nacht mit Wetterwechsel zu verfrühter Abreise ob einfallender Schneefront kamen –, aber das erste Mal seit längerem.
Und es ist faszinierend, wie sehr Jahreszeiten einen Ort verändern. Sicher, das merke ich auch hier in Aachen oder in der heimischen Eifel, gar keine Frage. Aber dadurch das unsere Aufenthalte im Schwarzwald immer nur Momentaufnahmen sind, wird erst richtig deutlich, wie massiv der Unterschied ist, wenn man ihn nicht schleichend erfährt. Schwer fällt es zu glauben, dass der Wanderweg oberhalb des Titisees, den wir langgingen, das letzte Mal noch eine rechte Tortur durch unwegsamen Schnee war. Oder dass diese weite Wiesenfläche nahe dem sogenannten Franzosenkreuz, von dem man je nach Wetter einen tollen Blick auf die Alpen hat, das letzte Mal noch ein weiß leuchtendes Meer war. Faszinierend, ohne Zweifel.
Dementsprechend gab es diesmal keine Schauermärchen, dunkle Schwaden und dräuende Wolken, dafür aber lebende Natur. Singende Vögel, zirpende Insekten, Eichhörnchen an gefühlt jedem dritten Baum und allgemein fröhliches Rascheln in jedem Busch. Gut, auch Fliegen und Wespen sowie einmal einen ziemlich penetranten Raubtiergeruch im Wald, den wir nicht weiter hinterfragen wollten, aber dennoch: Das Land, es lebt. Und das war eigentlich der wuchtigste Eindruck, denn wenn man diesen traumhaften Flecken Erde über Jahre im Grunde nur noch in Herbst und Winter gesehen hat, vergisst man das zu leicht.
Und natürlich ermöglichte uns das Wetter auch endlich die Rückkehr in die Wutachschlucht, die wundervoll zu erwandern darstellt, aber in Passagen nichts ist, was ich zwingend bei Eisesglätte und Schnee haben muss.
Jene unserer tapferen Reiseschar, die weniger im Wandern und mehr in der allgemeinen Alltagsflucht ihr Heil finden, fehlte es ein wenig an der zweifelsohne gegebenen Gemütlichkeit, die sich entfaltet, wenn man sich drinnen gegen die erbarmungslose Kälte verschanzt und mit einem dampfenden Kakao den fallenden Flocken zuschaut. Gesellig aber war es denke ich dennoch wie eh und je.
(Und ich renne ja auch bei Schnee raus, insofern bin ich da offen für alles …)
Was aber vor allem nach wie vor gleich blieb ist ein Punkt, den ich hier nun auch schon oft genug angesprochen habe: Dieser Schritt hinaus aus dem Alltag ist und bleibt unbezahlbar.
Und damit meine ich nicht mal nur frei zu haben von der Arbeit, oder die Aufgaben und Pflichten des alltäglichen Lebens hinter sich zu lassen; es hat mehr etwas mit dem ganzen Modus unserer Lebensweise zu tun. Es ist schwer geworden, einfach zu sein, mal einfach nur ein paar Stunden zu existieren. Allwaltende sozialmediale Interaktion (so gerne ich die eigentlich habe), die damit verbundene Erwartung von Erreichbarkeit, der Lärm selbst einer so beschaulichen Großstadt wie Aachen, die Menschenmengen, das alles einfach zurückzulassen ist und bleibt eine Quelle, aus der ich wieder einmal Kraft geschöpft habe für die kommenden Monate.
Und in diesem Sinne: Auf, auf zu neuen Taten!
Der erste Schritt: Zwischenstände. Der entsprechende Text folgt noch im Laufe dieser Woche!
Viele Grüße,
Thomas