Seelenworte

Wespendisco

Hallo zusammen!

Der heutige Beitrag wird vermutlich eher kurz und ist vielleicht ein bisschen unvermittelt öko, liegt mir aber am Herzen. Es war vor etwa einem Jahr, als ich bemerkte, dass ich offenbar eine Gruppe neuer Mitbewohner habe – als ich einen Rollladen, den ich selten bewege, dann doch einmal herunterlassen wollte und plötzlich helle Aufregung vor meinem Fenster herrschte. Keine Frage: Es hatten sich Wespen darin angesiedelt.

Wespen. Feind des deutschen Vorgartenidylls, Endgegner der Grillfeste und Opfer anhaltender, unnötig feindseliger Memes im Netz.

Na ja. Oder aber, mal anders versucht:
Wespen. Ziemlich coole Tiere, die nicht nur Pflanzen bestäuben sowie Mücken und Schädlinge bekämpfen, sondern eigentlich auch relativ entspannte Mitbewohner sind, entgegen aller Berichte. Zumindest, wenn man sich mit ihnen auf Koexistenz einigen kann.

Es gibt Alternativen: Die schwarzgelbe Zunft steht zwar generell unter Naturschutz, aber die beiden häufigsten Arten tatsächlich nicht. (Die Deutsche und die Gemeine Wespe; ärgerlicherweise auch noch genau die mit dem Heißhunger auf Süßes). Ich hätte also einen Kammerjäger rufen können – da es ein Wohnzimmer-Rollladen war, hätte das vermutlich auch nicht viele Fragen geweckt.
(Selbst entfernen ist a) leichtsinnig und b) verboten).
Aber nachdem ich mir das Schauspiel einen Moment angeschaut hatte, kam ich für mich zu dem Entschluss, dass meine ungebetenen Gäste bleiben können, solange sie nicht irgendwann den direkten Weg in die Wohnräume finden. Also alle Spalten am Kasten und die Öffnungen der Rollladengurte abgeklebt und geschaut, was passiert.

Offen gestanden: gar nicht viel. Die Wespen machten halt draußen ihr Ding, das Nest wuchs und – zugegeben – ein bisschen gruselig konnte man den Wespenstaat dann irgendwann in dem Rollladenkasten nahezu rundum um die Uhr werkeln hören. Kein Wunder, denn – man meint das ja nicht – das sind dann auch echt viele Wespen.
So ein entsprechendes Nest kann tausende Tiere beherbergen … aber wie gesagt, eigentlich sind wir uns gar nicht über den Weg gelaufen.

Ja, natürlich, wer sich zur fraglichen Zeit raussetzt und Eis oder Grillwurst genießen will, der bekommt dann irgendwann Besuch. Aber entgegen aller Klischees haben Wespen zwar manchmal eine kurze Lunte, sind aber nicht grundlegend auf Streit aus. Nicht hauen, nicht pusten, natürlich aufpassen – aber das geht schon.

Drei oder vier Wespen haben sich über den Sommer bei mir in die Wohnräume verirrt, die hab ich dann wieder rausgeleitet. Gestochen worden bin ich kein einziges Mal.
Und ganz klar: Wenn es Kinder hier in dem Haushalt gäbe, oder kleine Tiere, dann wäre das womöglich noch mal ein anderes Gespräch gewesen. Aber im Endeffekt habe ich einfach einige Monate ein paar Tausend kleiner Wesen im Rollladenkasten gehabt, dafür gar keine Mücken in der Wohnung, und immer wieder was zu gucken, wenn ich am Fenster stand.

Wespennester sind einjährig, werden verlassen und in der Regel auch nicht wieder bezogen. Aber weil’s ja selbst in der Eifel inzwischen erst spät wirklich kalt wird, hatten wir tatsächlich lange voneinander – als ich Ende November auf den Balkon ging, um schon mal die Lichterketten für die Weihnachtszeit anzubringen, fanden da gerade die letzten, von den Majestäten zurückgelassenen Hüter ihr Ende in der Kälte.

Valar morghulis, schätze ich … das war das letzte Aufbäumen im November.

Ich weiß, ich weiß, das ist alles eigentlich gar nicht mein Thema. Aber ich hatte mir vorgenommen, diesen (für meine Verhältnisse jedenfalls) kurzen Text hier zu verfassen, wenn die Saison wieder naht, denn auch bei vielen anderen wird es jetzt soweit sein, dass nach und nach plötzlich und unverhofft Nester gefunden werden, am Haus, auf Dachböden, im Garten oder irgendwo dazwischen.
Und wer weiß, vielleicht gibt es ja ein, zwei Leute, die das hier lesen und dann beschließen, den Jungs und Mädels auch einfach ein Jahr lang ihren Frieden zu lassen. Denn eigentlich, wie gesagt, sind’s coole und nützliche Gestalten.

Aber nun genug des Ausflugs in die Welt der Naturgärten und Tierfreunde, nächstes Mal geht’s wieder mehr in Richtung von Medien-, Verlags- und Philosophie-Gedanken.
Dennoch: War mir wichtig.

Viele Grüße,
Thomas

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