Easy Allies: Ein Beispiel entmachteter Torwächter

Hallo zusammen!

Ich habe hier im Blog immer mal wieder über GameTrailers geschrieben – eine Videospiel-Webseite, die meinen Nerv schon immer sehr gut getroffen hat, weil ich glaube, dass ihr Humor und ihr Nerd-Grad sehr kompatibel mit unserer DORP ist.
Nur kam es dann im Februar – ich schrieb sogar darüber – zu einem unerwarteten Einschnitt. Das ganze Format war schon lange nicht mehr im Besitz der Macher, sondern war über MTV und Viacom bis zu Defy Media gewandert, die recht unerwartet komplett den Stecker zogen.
Und dort, mit der Absetzung sollte die Geschichte eigentlich nach allen Regeln der Branche demnach ihr Ende finden.

Nur tut sie das nicht.

Das Team hinter der Seite war zu einem engen, freundschaftlich-familiären Verbund gewachsen und traf dann in Folge dessen eine Entscheidung: Man wollte nicht einfach aufgeben. Sie nahmen sich die nötige Zeit und planten und gestern dann kamen sie mit einem Trailer, ein Konzept und einem Patreon-Account daher.
Oh, und mit einem neuen Namen: Easy Allies.

Innerhalb von etwas über 12 Stunden lag der Patreon bereits bei über 20.000 Dollar im Monat, was eine absurd hohe Summe ist. Noch immer gering, wenn man bedenkt, was es kosten würde, das ganze Team voll zu beschäftigen, aber dennoch nicht gerade wenig Geld, einfach so als Summe.
Aber darum sprechen wir nicht darüber. Ich freu mich über jeden, der auch Geld an das Projekt wirft, aber mir geht es um etwas anderes.
In gewisser Weise ist es natürlich einfach mein vielleicht liebstes Internetteam, das gerade den Sprung in die Selbstständigkeit geschafft hat, wenn man so will, und ich freue mich einfach immens, dass mir die Truppe erhalten bleibt. Das jähe Ende der Seite hatte mich genauso stärker betrübt, als ich dachte, wie mich diese Ankündigung hier nun mehr freut, als sie rational sollte. Aber auch darum geht es mir nicht.

Traditionell gliedern sich Medienbetriebe in zwei „Lager“ – es gibt die kreative Seite, die Content produziert, und es gibt die verwaltende Seite, die den Content an den Mann, aber auch das Geld in die Kassen bringt.
Im Verlagsmodell sind das beispielsweise die Autoren, Layouter und Grafiker auf der einen Seite, die Verlagsredaktionen, -leitungen und -abteilungen auf der anderen Seite.

easy_allies

Das Team von Easy Allies – Screengrab von kotaku

Was im Falle von ehemals GT und nun Easy Allies passiert ist, ist ein hoch spannender Präzedenzfall finde ich: Durch die vollkommene Trennung der produktionsverwalterischen Seite vom kreativen Team, war im Grunde der Kern, das Zentrum dessen, was die Seite ausmachte, noch immer „intakt“, auch nachdem Defy den Stecker zog.
Es „hätte sich so gehört“, dass die Leute nun neue Stellen suchen, getrennte Wege gehen würde. So wie die Darsteller, nachdem ihre Fernsehserie abgesetzt wird, halt neue Rollen suchen. So wie Romanprojekte wie die Gezeitenwelt unvollendet blieben, obwohl doch noch alle Autoren übrig waren, nur der Verlag halt nicht wollte.
Das, was dies hier so spannend macht, ist, dass sie das einfach nicht aufgehört haben.

Sie brauchten einen neuen Namen, teils neue Formate, weil die Rechte dafür bei Defy geblieben sind. Aber das, was sie ausgemacht hat, ihre Chemie untereinander, ihre Freude daran, nerdige Gamer zu sein, das haben sie mitgenommen.
Und weil wir 2016 haben, stehen ihnen auch die technischen Möglichkeiten offen, einfach weiterzumachen.

Das imponiert mir.
Das fasziniert mich.
Und es ist ein unfassbar schönes Beispiel für mein Bild der Torwächter, denen man die Schlüssel abgenommen hat, das ich seit Jahren hier und andernorts bemühe.
Die Demokratisierung der Produktion kreativer Multimedia-Inhalte durch das Internet? Easy Allies, ich lege viel Hoffnung in euch!

Viele Grüße,
Thomas

2 Kommentare zu “Easy Allies: Ein Beispiel entmachteter Torwächter

  1. Klingt für mich alles sehr nach Rocket Beans, die den selben Weg bereits erfolgreich gegangen sind. Die Beans sind ja sogar noch einen Schritt weiter gegangen und haben gleich einen kompletten Fernsehsender aus dem Boden gestampft.

    • Sehr ähnlich auf jeden Fall, das stimmt.
      Ich denke, es gibt ein paar Unterschiede (GT war deutlich älter, GameOne und Rocket Beans TV hatten meine ich eine gewisse Zeit parallelen Lauf und, vor allem, die Schließung kam von heute auf morgen, was es in meinen Augen umso beeindruckender macht, wie nahtlos sie die Leute offenbar dennoch haben mitnehmen können), aber du hast Recht, es ist vergleichbar.

      Der größere Unterschied aus meiner subjektiven Sicht ist eher, dass ich persönlich mit den Rocket Beans nie so wirklich warm geworden bin. Objektiv finde ich durchaus gut und beeindruckend, was sie machen, aber es trifft meinen Geschmack irgendwie nicht. Insofern hatte ich sie auch weniger auf Schirm, als ich diesen Artikel schrieb.

      Aber hey – ein positives Beispiel mehr – was will ich da klagen ;)

      Viele Grüße,
      Thomas

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