Die mediale Selbstverwaltung

Hallo zusammen!

Kennt ihr das auch? Ein langer Arbeitstag ist vorbei, vielleicht sind noch ein paar private Erledigungen gemacht, vielleicht auch noch was Kreatives geleistet, aber auf jeden Fall bleibt euch doch noch etwas Zeit, bevor ihr ins Bett müsst.
Die perfekte Zeit, um … ja … um zu lesen? Ein Videospiel zu zocken? Eine BluRay einzulegen oder eine Serie zu streamen? Und dann sitzt ihr da, in endloser Entscheidungslosigkeit, guckt im worst case noch irgendwas auf Youtube oder scrollt über Facebook, bis ihr euch entschieden habt … und geht dann am Ende unverrichteter Dinge an allen Fronten zu Bett?
Oder aber es beschränkt sich auf ein Einzelmedium: Ratlos vor der 300 Titel umfassenden Netflix-Liste sitzend, keine Entscheidung findend und sich irgendwie darin verlierend?

Mir jedenfalls ist das wohlbekannt. Es ist nicht mehr so, dass der Mangel an gutem Medienmaterial ein Problem ist, das Gegenteil ist der Fall. (Und wer jetzt anhebt zu sagen, dass doch heute eh nichts Gutes mehr an Filmen/Büchern/Spielen erschiene, der sei einfach kurz nach hier verwiesen.)
Und da ich – das klingt jetzt nach „11 von 10 Zahnarztfrauen empfehlen …“, ich weiß – nun, da ich oft genug in letzter Zeit gefragt wurde, wie ich das eigentlich mit meinem Medienkonsum koordiniert bekomme, dachte ich mir, gerade jetzt vor den Feiertagen ist das ein guter Zeitpunkt, da kurz drauf einzugehen.

Wobei ich noch vorweg sagen sollte, dass ich tatsächlich mit meinem eigenen Lese-Umsatz dieses Jahr recht unzufrieden bin und gerade, wo ich dies schreibe, ca. 12 Bücher unter der Wunschmarke liege. Aber sei’s drum.

Eine erste, wichtige Selbsterkenntnis habe ich dabei sogar im Anleser schon vorweggenommen – die Erkenntnis, dass es ein Zeitmanagement- und Entscheidungs-Problem ist. Eine Weile lang hatte ich mich schon gefragt, ob ich vielleicht dabei war, den Spaß an dem einen oder anderen Medium zu verlieren. Aber dann kann eine Rezi, ein Trailer, eine Buchbesprechung, jedenfalls immer irgendwas daher, was einen so starken „Ich will auch!“-Reflex in mir weckte, dass die Lösung noch einmal woanders liegen musste.
Und so kam ich letztlich der ganze Sache auf die Spur.
Im Endeffekt ist der Weg, der sich für mich als funktional erwiesen hat, einfach der, dass ich versuche, mir selber die Entscheidung abzunehmen. Zumindest bisher in einigen Medien. Über mein Modell bei Büchern schrieb ich hier sogar mal, als es ganz frisch war – und kann nun auch berichten, dass es alles in allem ziemlich gut funktioniert. (Zum nahezu aktuellen Stand, siehe übrigens hier.)

Bei Videospielen handhabe ich es mittlerweile auch ähnlich: Zum einen habe ich in der To-Do-Listen-App meiner Wahl eine Unterkategorie für Spiele angelegt und alles, was sich über die Jahre gesammelt hat, dort einsortiert. Über mehrere Konsolengenerationen, Steam, GoG, HumbleBundle und co. haben die Spiele sich nämlich recht tückisch und unübersichtlich verteilt; und die Liste hilft ja schon alleine, nicht beim nächsten Steam Sale spontan was zu kaufen, was aber doch schon irgendwann mal in einem HumbleBundle drin war.
Nun mag man fragen, macht es das nicht schlimmer, das alles so auf einem Haufen zu haben?
Kurze Antwort? Jepp.
Lange Antwort? Es ist komplizierter.
Innerhalb dieser Sub-Listen versehe ich derzeit je zehn Spiele mit einem entsprechenden „als nächstes“-Tag – und wenn ich dann filtere, dann ist es halt auch nur noch die Wahl aus zehn Spielen, nicht mehr aus … viel zu vielen.
Man könnte einwenden, dass es doch nur den Zeitpunkt verschiebt, dass die Wahl ja dennoch getroffen werden muss. Aber ich für meinen Teil habe gemerkt, dass es mir viel, viel leichter Feld, zu entscheiden, was ich denn bald lesen oder spielen möchte, als, was ich jetzt lesen oder spielen möchte. Insofern hieß ja auch der obige Artikel schon mit Grund „Projekt Selbstüberlistung“.

Nun denke ich darüber nach, bei Filmen ähnlich vorzugehen, konnte mich bisher aber noch nicht aufraffen. Ich habe in der Vergangenheit ja schon mehrfach leise meine Stimme in dem Wunsch um eine selbstständig sortierbare Netflix-Liste erhoben, das wäre ja ein Anfang.
Aber so oder so – auf kurz oder lang werde ich da was anlegen, ob nun direkt bei Netflix oder ebenfalls über die Listen-App.

Wenn man nun also all das nebeneinander legt, zeichnet sich ein sehr simples Bild ab: Effektiv ist mein Vorschlag also einer von Selbstbeschränkung, Organisation und Regelung. „Wow“, mag man denken, „das klingt ja mal nach Freizeit, ey …“
Und das ist ein berechtigter Einwand. Ich habe – rein und alleine für mich – allerdings festgestellt, dass ich damit besser klarkomme als mit dem schwelenden Frust, wieder nichts gespielt, gelesen oder geschaut zu haben.
Man kann aber ja auch selber regulieren, wie drakonisch man dabei sein möchte. Vielleicht ist die Liste mehr eine unverbindliche Handreiche zur Inspiration, vielleicht aber auch ein verpflichtendes Edikt? Das kann ja jeder handhaben, wie er möchte.
An Wochenenden sehe ich meine Pläne auch lockerer als werktags, und im Urlaub wird die App gar nicht geöffnet. Aber gerade jene knappen Stunden an ansonsten produktiven Tagen, die sind es ja, auf die es ankommt.
Mir ist ja auch klar, dass es nicht mehr viel first-world-problem-artiger wird werden können als die Unentschlossenheit in der quälenden Frage, welcher eskapistischen Zerstreuung man sich denn nun hingeben soll. Aber das muss ja auch mal erlaubt sein. Schwerwiegende, heikle Themen hatten wir hier im Blog dieses Jahr schon reichlich, und in der Welt satt genug … da muss es auch mal trivial sein dürfen.

Das jedenfalls ist meine Antwort. Kein Geheimrezept, keine großartige Technik, einzig Reduktion der Optionen wider der eigenen Unentschlossenheit.
Für mich funktioniert es gut. Und wer weiß, vielleicht für euch dann ja auch?

Viele Grüße,
Thomas

PS: Meine andere Geißel ist übrigens tatsächlich das „Hobby-Schaffen“, um es mal so zu nennen. Mancher freie Abend geht auch gerne mal darin unter, dass ich doch noch „eben“ an einem Buch arbeite, was ins Blog schreiben will, oder was mit Fotos mache, ein Video schneide, Stock-Art browse etc.
Aber das ist ein anderes Thema, für ein anderes Mal …

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