Die Sache mit der Sichtbarkeit

Hallo zusammen!

Vor einigen Wochen ist bei Ulisses das Spiel Infinity erschienen, zwei stolze Hardcoverbände im Schuber. Ich habe auch Teile davon gelayoutet, aber darum geht es mir nicht. Ein Fehler hat es durch alle Kontrollen geschafft und jene, die ihn nicht bemerkt haben, massiv geärgert – fett und auffällig prangt auf dem Rücken des einen Bandes das Wort „Hintergund“.
Das ist ärgerlich, außerdem unnötig, und gerade darum doppelt ärgerlich. Aber es kommt halt doch immer mal wieder vor.
Und es brachte mich zum Nachdenken.

Aufgenommen in der Mayerschen Buchhandlung am vergangenen Donnerstag

Im August 2011 schrieb ich hier einen kurzen Artikel, der mir heute vermutlich bestenfalls ein Tweet wert wäre – ich hatte in der Mayerschen eine Buchausgabe zum dritten „Indiana Jones“ gefunden, nur steht dort auf dem Buchrücken „Indiana Jones und der lette Kreuzzug“.
Und furchtbar arrogant, so aus der Retrospektive, schreibe ich dort noch:

Ich meine, klar, ich hab auch im Bereich der Lektoratsarbeit noch nie die Endabnahme für einen Buchumschlag gemacht. Aber das? Das muss doch jemandem auffallen!

Nun ja, offenbar ja nicht. Es gibt noch so viele andere Beispiele, quer durch alle möglichen Verlage. White Wolf schreiben Roll of Glorious Divininty auf ein Cover, und bei Pegasus‘ Cthulhu-Reihe hat damals der ausgerechnet auch noch limitierte „Traumlande“-Band für Heiterkeit gesorgt, weil dort der Buchrücken von „H.P. Lovecaraf“ tönt.

Mit Dank an einen guten Kumpel für das Foto!

Mit Dank an einen guten Kumpel für das Foto!

Auch andere Medien können es ebenso – der Videospiel-Hersteller Capcom hatte vor einigen Jahren einen richtigen Lauf.

Bilder aus Condta

Und ich? Ich bin auch nicht besser als alle anderen. Eine aufmerksame Endabnahme hat mal einen „Kampagenenband“ verhindert, den ich gerade beschriftet hatte, und keine Endabnahme hat verhindert, dass auf dem Buchrücken von Bilder aus Condra 1 stattdessen Bilder aus Condta steht. Und mich jeden Tag aus dem Regal zu meiner Rechten verhöhnt.

Und es gibt eine Menge Gründe, warum so etwas passiert, aber darum geht es mir eigentlich gar nicht heute. Was mir über Infinity nämlich noch mal in den Sinn kam, ist ein ganz eigentümlicher Faktor für alle Medienschaffenden: Die Sichtbarkeit.
Wenn mein Automechaniker mein Radio nach der Wartung nicht wieder richtig anschließt und nach halber Strecke eine der zwei Boxen ausfällt, dann bemerke das ich. Dann kläre ich das mit ihm und gut.
Wenn mein Bäcker einen schlechten Tag hat und die Brötchen nicht richtig aufgehen, dann betrifft das ihn und mich, und seine Kundschaft an dem Tag.
Aber wenn es einen Fehler bei einem Medienprodukt gibt, dann sehen den potenziell hunderte, tausende, oder etwa im Falle von Capcom, auch Millionen Kunden. In gewisser Weise finde ich das faszinierend, muss ich zugeben.

Das ist natürlich auch nicht auf Rechtschreibfehler beschränkt, oder allgemein auf Druckerzeugnisse. Peinliche Übersetzungs-Patzer in Film und TV sind ja auch im Netz heute zuhauf dokumentiert, oder auch Layout-Fehler. Aber ich finde, Buchumschläge, besonders noch mal Buchrücken, haben etwas an sich, was es noch einmal besonders macht.
Vielleicht ist es wirklich, dass es im wahrsten Sinne des Wortes sichtbar ist; im Falle von Buchrücken ja sogar im Regal. Und es fällt natürlich so leicht, sich darüber zu amüsieren oder lustig zu machen, gerade weil es so präsent, so sichtbar ist.

Wie so oft habe ich keinen abschließenden Punkt. Das ist kein Mitleidsappell für arme Medienschaffende, denen ein Fehler durchs Netz gegangen ist. Es geht mir nicht darum, solche Fehler kleinzureden – einerseits sind es natürlich Lappalien, andererseits sind sie dennoch ärgerlich und halt einfach Fehler. Und das ist auch kein Fingerzeig auf die „dummen anderen Leute“, darum ja z.B. auch die Bilder aus Condta als Beispiel.
Es ist ein lautes Nachdenken, und eine Einladung, mit nachzudenken.
Ich für meinen Teil ertappe mich immer häufiger dabei, dass ich mir, wenn in Gesprächen Sätze fallen der Marke „Aber wie kann denn sowas nur passieren?!“, nur denke: „Allzu leicht, allzu schnell.“

Ich glaube, wenn überhaupt ein Appell im Raume stünde, wäre es einer, den ich aber generell gegenüber Medien und Medienkritik gerne bringe: Nehmt es gelassen und mit Humor, und denkt immer daran, der Typ, der’s verbockt hat, der ärgert sich eh gerade viel mehr als ihr …

Viele Grüße,
Thomas

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