Hallo zusammen!
Über die letzten paar Monate habe ich ein Experiment gewagt. Mein normales Handwerkszeug ist ja eine Canon EOS 600D, also eine APS-C-Sensor-basierte digitale Spiegelreflexkamera, und sie ist nach wie vor eine DSLR, die mich rundum überzeugt. Aber nichtsdestotrotz ist da ein gewisser Reiz der analogen Abbildung, dem auch ich mich nicht entziehen kann oder wollte. Und als Lichte – eine Freundin von mir, deren Hände ihr z.B. auch im Oktober-Easy-Props-Video gesehen habt – und ich beschlossen, dass wir einmal versuchen wollen, eine berühmte Fotografie zumindest im Geiste nachzuempfinden, die Bert Hardy am 7. Juli 1956 von Audrey Hepburn machte (ich zeige sie nicht, des allwaltenden Copyrights wegen, aber ihre legale Fundstätte ist diese hier), dachte ich mir weiterhin, dass es ja eigentlich nett wäre, diese Aufnahmen gleichzeitig digital und analog zu vollziehen.
Vermutlich wäre es naheliegend gewesen, sich dafür mit der analogen EOS 500 in meinem Schrank zu bewaffnen, aber persönlicher Ehrgeiz führte mich stattdessen zu der alten Zenit 122 meines Vaters, die ich schon lange mal in den Einsatz bringen wollte.
Allgemeine analoge Betrachtungen
Bestückt habe ich die Zenit mit einem AgfaPhoto APX 100, also einem Schwarzweißfilm mit einer Lichtempfindlichkeit von ISO 100. Und da noch etwas Zeit verging, bis wir von dem Plan aus auch wirklich ans „shooten“ kamen, sind auch einige andere Fotos auf dem Film gelandet. Immerhin sollten sich die 36 Bilder dann ja auch lohnen.
Beschaut man sich die Fotos ganz an sich, so sticht der immense Kontrast bei erhaltener Dynamik vielleicht als Erstes ins Auge. Das ist dann auch etwas, was Leute, die wie ich eigentlich weniger technisch und eher emotional an das ganze Thema herangehen, zu einem wichtigen Aspekt führt: Der „Flair“.
Ich finde, obiges Foto könnte – wären die modernen Autos nicht – auch 50 Jahre alt sein. Sicherlich helfen die Fassaden bei diesem Effekt deutlich mit, aber es ist eben auch einfach die ganze Anmut, die wir vor allem von Fotos „von früher“ gewohnt sind und die dann doch ganz unterschiedlich zu dem ist, was wir heute so kennen. Zumal die Fotos zwar eine starke Körnung zeigen, aber diese dennoch ganz was anderes ist als etwaiges Rauschen eines digitalen Sensors.
Dass die analoge Zenit auch nicht gerade das zarteste Geschöpf unter den Spiegelreflexkameras ist, zeigte sich ebenfalls an ein, zwei Stellen, an denen der Film offenbar im Korpus ein wenig gelitten hat. Das ist jetzt nicht zwingend erstrebenswert, aber es ist zweifelsohne etwas, was in dieser Form im digitalen Foto-Bereich schlichtweg nicht existiert.
36 Fotos. So viele fasst der Film, zumindest in der Theorie, denn de facto war die Ausbeute der Zenit etwas geringer, sodass ich am Ende mit 34 Aufnahmen und zwei gleich zu Beginn durchbelichteten Bildern ausgekommen bin. Bei digitalen Aufnahmen, gerade wenn es dynamische Motive sind, neige ich dazu, mehrfach auszulösen – Sonderfälle wie Ballettsprünge mal außen vor, da es dort nur einen goldenen Moment gibt, der exakt getroffen werden will – und teile daher normalerweise die Anzahl gemachter Fotos am Ende eines Shootings schon mal durch drei, um abzuschätzen, wie viele „Motive“ ich Pi mal Daumen aufgenommen habe. Das ergibt, wenn man die Formel überträgt, also gerade mal 11 Motive pro Film.
Das verleiht – nicht zuletzt, weil zumindest eine Entwicklung im Fachladen auch nicht geschenkt ist – den Bildern eine gewisse Wertigkeit. Der Schuss ist endgültig. Das Motive will sorgsam gewählt sein, die Aufnahmen sind kostbar.
Natürlich wären alle Versuche, so etwas auch auf digitale Aufnahmen zu übertragen, letztlich zum Scheitern verurteilt, da es dort nur die künstliche Verknappung einer quasi endlosen Ressource ist, aber es war noch einmal eine spannende Erfahrung.
Wobei ich auch analog immer eher ein großzügiger Fotograf war, wenn ich bedenke, dass ich damals auf der Oberstufenfahrt – mein letzter großer analoger Foto-Einsatz – auch grob einen Film pro Tag durchgebracht habe. Aber gut.
Das eigentliche Motiv
Auch wenn ein Ausflug nach Paris sicherlich nicht uncool gewesen wäre, haben wir uns für die Aufnahmen Aachens Lousberg ausgeguckt. Dort, so war unsere Vermutung, müssten wir eigentlich ein vergleichbares Panorama erzeugen können. Ich denke, das ist auch durchaus aufgegangen.
Vergleicht man beide Aufnahmen, fällt zunächst einmal der unterschiedliche Bildausschnitt auf. Das liegt nicht an einer etwaigen Positionsveränderung oder einer anderen Brennweite (beides waren 50mm-Festbrennweiten), sondern ist eine nette Illustration des 1,62er-„Crop“-Faktors des APS-C-Sensors im Vergleich zum 24x36mm-Vollformat des APX-Filmes.
Darüber hinaus zeigt sich aber denke ich auch hier vor allem das völlig andere „Feeling“ der Aufnahme. Obwohl ich bei den digitalen Aufnahmen vom RAW her von Hand ins Schwarzweiße konvertiert und nachträglich noch Körnung ergänzt habe, wirkt das Foto ganz anders.
Nun muss man auch sagen, dass ich die digitale Version zu einem Zeitpunkt bearbeitet habe, an der mir der analoge Film noch nicht vorlag – es wäre sicherlich möglich, sich enger an den heranzutasten. Aber tatsächlich ging es mir darum gar nicht so sehr.
Das ganze Bauchgefühl, die ganze Intuition, mit der wir uns digitalen Fotos nähern und die Art, wie wir ihre Farben und Kontrastkurven am Rechner bearbeiten führt schlicht in eine ganz andere Richtung als der analoge Film sie nahm. Das ist weder inhärent gut noch inhärent schlecht, aber es ist anders, und das finde ich spannend.
Am Ende des Tages bleibe ich zweifelsohne digitaler Fotograf. Ich mag die Optionen, die RAW-Aufnahmen mit sich bringen, mag die Kontrollierbarkeit direkt bei Shooting und bin froh, nicht jedes Mal entwickeln zu müssen.
Auf der anderen Seite aber erkenne ich den Reiz und kann mich dem auch nicht gänzlich verschließen. Darin ähnelt die Wahl zwischen analoger und digitaler Fotografie ein wenig jener zwischen praktischen und digitalen Spezialeffekten beim Film. Sicherlich ist das, was die digitalen Aufnahmen produzieren, ein wesentlich reineres Ergebnis. Nur manchmal mag das schlicht nicht das sein, was man sucht.
Mal schauen. Ein weiterer APX liegt jedenfalls schon hier im Schrank und wartet nur auf das richtige Projekt.
Abschließend …
Abschließend sei noch gesagt, was in der ganzen Technik nicht untergehen soll: Ich bin sehr glücklich mit dem Projekt in seiner Gesamtheit. Ich denke wir haben den Flair der Vorlage ganz gut getroffen, wir hatten – das kommt viel zu oft hier viel zu kurz in meinen Berichten – massig Spaß bei den Aufnahmen und, ja, ich freue mich auf weitere Fotos mit Lichte.
Viele Grüße,
Thomas
Interessanter Versuch mit einem eher zu erwartenden Ergebnis wie ich finde. Es ist durchaus möglich Digitaler Fotografie einen authentischen Look Analoger Fotografie zu geben, doch bedarf dies einer Menge Arbeit und einiger Tools im Software Bereich. Letzten Endes ist es allerdings wohl doch eine reine Geschmacksfrage da der Arbeits-/Zeit-/Produktionsaufwand zwischen Digital und Analog in keinem Verhältnis stehen. Leider! Denn ich persönliche liebe den Analogen Look und freue mich beispielsweise auch bei Filmen wenn DoP´s dem Analog Film seinem Digitalen Pendant den Vorzug geben. Ich erinnere mich das du, vor einiger Zeit, den Erwerb einer Super 8 Kamera getwittert hast. Vielleicht würde es auch ein interessanter Blogeintrag werden die Erfahrungen und Ergebnisse mit dieser aus heutiger Sicht zu schildern.
Moin!
Ja, das Ergebnis war zu erwarten, aber ich wollte es sozusagen einfach selber mal sehen. Und klar, ich schrieb ja auch, alleine jetzt mit den entwickelten Fotos als Referenz reicht mir am Ende des Tages auch Photoshop, um den Look zu nachzuempfinden, aber dass selbst zu „erleben“, wie unterschiedlich beide Ausprägungen werden, fand ich schon durchaus lohnend.
Zumal ich auch sagen muss, ich mag beide Varianten des „Hepburn“-inspirierten Projektes sehr; es sind halt nur zwei durchaus technisch sowie teils ästhetisch sehr unterschiedliche Ausprägungen der gleichen Kunstform.
Ich mag den analogen Look auch sehr und bin gestern noch auf ein Plugin gestoßen, dass offenbar den Film-Look von 8mm- und 16mm-Film echt gut simuliert; allerdings ist das nur zu mieten, d.h. es wird eher mal was sein, was ich für ein Projekt zeitweise ergänze; nichts für jeden Tag ;)
Was die Super-8-Kamera angeht – übrigens cool, dass du bei Twitter mitliest :) –, ja, das steht ganz dringend noch auf meiner Wunschliste. Leider ist es unfassbar schwer geworden, da alleine schon an manierliche Film zu kommen, weil es anders als etwa beim dem Impossible Project bei den Polaroid-Kameras auch schlicht keine Alternativen zu den alten Filmen gibt. Oder zumindest keine, von der ich wüsste.
Falls du da eine Bezugsquelle für mich hast, wäre das dufte :)
In der Tendenz wäre „nicht selber entwickeln müssen“ allerdings auch nicht verkehrt, was dann vermutlich Problem zwei würde …
Aber ja, ich will *definitiv* mal auf Film aufzeichnen und die Kamera scheint, vom Gegenlicht-Messer abgesehen, soweit intakt :)
Viele Grüße,
Thomas
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