Hallo zusammen!
Wir traten ans Fenster. Es donnerte abseitwärts, und der herrliche Regen säuselte auf das Land, und der erquickendste Wohlgeruch stieg in aller Fülle einer warmen Luft zu uns auf. Sie stand auf ihren Ellenbogen gestützt, ihr Blick durchdrang die Gegend; sie sah gen Himmel und auf mich, ich sah ihr Auge tränenvoll, sie reichte mir eine Reihe von Fragen und sagte: »Blogstock!«
(Sorry, Goethe.)
Und so begab es sich, dass Ela Sonntag mir mal wieder ein Blogstöckchen zuwarf – und ich dem natürlich wie immer gerne nachkomme. Wie dann und wann ja schon erklärt, ich mag Blogstöckchen.
Wie immer nominiere ich niemanden explizit, aber wer dies hier liest, darf sich eingeladen fühlen, das aufzugreifen. Ich bin da nicht so.
Und ja, Halloween ist ja eigentlich schon durch, aber Ela warf es mir recht spät zu und der Tag selber war ja schon für Pole Madness reserviert, sodass es dann halt heute erst passiert. Sei’s drum, sage ich mal!
Sodann, die Regeln:
Es gibt 10 Fragen rund um 10 gruselige Kreaturen, denen man an Halloween so begegnen kann und es gibt keine Einschränkungen zu irgendwelchen Antworten – let’s do this! :-)
1. Geister
Hast du jemals einen Charakter/eine Szene/ein Thema ohne Wiederkehr aus einem Buch entfernt?
Ach, klar, haufenweise. Um ein Beispiel von vielen heranzuziehen – Schleier aus Schnee hat im Laufe der Bearbeitung mehrere Szenen verloren, die ich mal (inkorrekt) als „Stillleben“ bezeichnen würde; Momente, in denen sich die Leute (und die Erzählung) mehr noch als eh schon in diesem Gesamtzustand der vom Schnee umschlossenen Stadt verlieren. Die Idee dahinter war, so eine Art meditative Momente für die Hauptfiguren zu schaffen – vielleicht ein wenig wie der Moment mit dem Koyoten in Collateral –, aber am Ende bremsten sie mir das Buch zu sehr aus. (Wir kommen bei Frage 9 darauf.)
2. Fledermäuse
Wer ist der am meisten missverstandene Charakter in deinem WiP?
Oh, so Fragen finde ich immer knifflig, weil Stand heute, egal was ich antworte, außer mir genau zwei Leute wissen können, wovon ich rede. Ich denke in Verdorbene Asche ist es Fra Lorenzo, aus … verschiedenen Gründen.
3. Kürbislaternen
Was ist deine erfolgreichste Schreib-Inspiration?
Ach Gott … alles? Wobei, nein, das muss ich einschränken.
Dokus und Sachbücher inspirieren mich, dokumentarische YouTube-Videos inspirieren mich, Gespräche mit anderen Menschen inspirieren mich, aber auch narrative Medien jeder Art. Wandern inspiriert mich, weil ich Zeit alleine mit mir und meinen Gedanken verbringen kann. Einen Frontrunner gibt es da aber nicht.
Die Einschränkung: Social Media hat für mich nahezu alle Inspirationskraft eingebüßt. Gefühlt ist das, was im Internet zu lesen ist, in den anderthalb Jahren, seit ich mein Plädoyer in der Sache geschrieben habe, nur in jeder Beziehung schlimmer geworden und mit wenigen Ausnahmen saugt mir alles an Kommentarspalten und Social-Media-Feed momentan eher den Schaffenswillen aus dem Mark. Insofern … alles außer dem.

Eine liebe Freundin hat das obere Schild für mich und mein vor sich hinrenovierendes Haus gemacht – da muss also zumindest was dran sein!
4. Zombies
Was ist dein bevorzugter Schreib-Treibstoff (Kaffee, Tee etc.)?
Morgens brauche ich meinen Kaffee, das ist unverändert. Ich versuche meinen Kaffeekonsum bewusst im Rahmen zu halten, aber meine rituelle große Tasse morgens muss sein. Ist das Schreib-Treibstoff? Hm, vermutlich indirekt.
Tee und Kakao sind für mich eher Wohlfühl-mit-einem-Buch-ans-Fenster-setz-Getränke, die sind mehr oder weniger raus. Oh, und explizit wider dem Autorenklischee: kein Alkohol beim Schreiben für mich.
5. Vampire
Was ist das kitschigste Klischee, das es in deine Geschichten geschafft hat?
Hm, ich denke das hält sich halbwegs in Grenzen. Vermutlich am ehesten die verknallten Anwandlungen Natalies in Verfluchte Eifel, wobei sich das ja auch im Laufe der Novelle entwickelt.
6. Spinnen
Welcher Charakter in deinem WiP ist nett anzusehen von Weitem, aber du würdest ihm NICHT zu nahe kommen wollen?
No comment, weil Spoiler und so Dinge. Sorry.
7. Frankensteins Monster
Hast du jemals einen Charakter zweigeteilt – also in 2 Charaktere aufgeteilt;-) – oder verschiedene Charaktere zu einem verbunden?
Immer mal wieder. Die drei Ermittler in Schleier aus Schnee waren ursprünglich nur eine Figur, die dann aber „aufgefaltet“ wurde, als ich mich mittendrin entschied, dass es besser wäre, wenn die Polizei auch eine Erzählperspektive hat. Die Wirtschaftsexpertin der Zeitung war auch in verschiedenen Planungsphasen 0 bis 2 Charaktere, das schwamm lange.
8. Skelette
Dein bester Ratschlag emotionales Gepäck und Backstory unterzubringen ohne Info-Dump?
Wie mit so vielem, löst sich das denke ich zum Teil schon auf, wenn man eine einfache Leitfrage beherzigt – warum erzählen Leute einander Dinge?
Erzählen sie sich Dinge, weil es für sie in diesem Moment Sinn ergibt? Awesome.
Erzählen sie sich die Dinge aber nur, damit der Leser sie erfährt, dann weg damit. Niemand mag sowas, behaupte ich.
Generell hilft es denke ich aber auch, zu berücksichtigen, dass Leser denkende Wesen sind. Ich verstehe es als Autor ja nicht als meine Aufgabe, haarklein alle Versatzstücke der Erzählung an den Leser zu kommunizieren, sondern mehr, ihm eine Idee zu vermitteln. Mir als Schreibendem ist es wichtig, für mich selber zu wissen, warum bestimmte Figuren in bestimmten Situationen dieses oder jenes tun, aber im Zweifel vertraue ich auch darauf, dass der Leser mitläuft und selbständig Schlüsse zieht.
Schleier aus Schnee macht sich in einem Aspekt ja sogar einen Spaß daraus, dem Leser eine bestimmte emotionale Information bis zum Ende vorzuenthalten.
9. Katzen
Welche polarisierende Buch-/Schreibbezogene Meinung hast du?
Provokant formuliert: Das Buch ist zu lang.
Es gibt sie, die Ausnahmen, keine Frage – gerade dieses Jahr hatte ich gleich eine Reihe guter Beispiele dafür –, aber oftmals, wenn ich sehe, dass ein Buch 500, 600 Seiten hat, so frage ich mich unweigerlich … warum?
„Aber das Worldbuilding“, „Aber die Entwicklung“, klar. Gibt es. Aber ein guter, knackiger Roman, der mir auf 200, 300, 400 Seiten seine Geschichte präsentiert, hat es in der Regel deutlich leichter, meine Gunst zu gewinnen.
Marcel Reich-Ranicki – jemand, den ich von seiner grundsätzlichen Art der Kritik übrigens wirklich nicht schätze – sagte dazu mehrfach griffige Zitate, etwa: „Jeder Roman – bitte nicht Zauberberg oder Buddenbrooks! – der mehr als 500 Seiten umfasst, ist schlecht.“ Das unterschreibe ich nicht.
Wie gesagt, es gibt sie, die guten Bücher mit vielen Seiten. Aber für mich gilt ganz klar: Oftmals wäre weniger für mich mehr.
(Ich unke da ja gerne mal, dass in einem Fantasy-Titel wie Leigh Bracketts 1949 veröffentlichtem „The Sword of Rhiannon“ der Protagonist auch mal von einer fremden Kultur zum Galeerendienst verklavt werden kann und sich schon wieder daraus befreit, während in manch modernem Roman die Protagonisten noch nicht die Stiefel angezogen haben … aber ja, so ein wenig genau das. Was zugleich auch eine nette Ergänzung ist, bevor mir hier jemand kommt mit jungen Leuten und Aufmerksamkeitsspannen …)
10. Dämonen
Häufigste Schreib-Ablenkung?
Hm, wenn ich mich hinsetze um etwas zu schreiben, dann schreibe ich. Da bin ich auch immun gegen Internet, Fernsehen, Hausputz und was man so nennen mag. Die größere Hürde ist es oft, den nötigen Schwung nach Feierabend noch zu finden – mein Job ist halt auch kreativ durchaus anhaltend fordernd, sodass ich abends oft einfach leer bin.
Manchmal kommt es noch zu späteren Schreib-Sprints, wenn ich gegessen habe, was spazieren war und ein wenig gelesen, fern gesehen oder gezockt habe, aber halt auch nicht immer.
Was das betrifft, war mein Studenten-Ich sicherlich beschwingter, aber hey, dafür darf ich auf der Arbeit konstant schöne Bücher gestalten, und insofern wäre ich der letzte, der meckert.
Soweit von mir.
Wie gesagt, ich nominiere niemanden, aber wenn ihr euch berufen fühlt – greift zu und gebt Laut.
Viele Grüße,
Thomas