Hallo zusammen!
Wer mir auf Twitter folgt oder den letzten DORPCast gehört hat, der weiß vielleicht schon, dass ich vorige Woche einen spannenden Termin hatte: Ich war für meinen Arbeitgeber Ulisses Spiele am Inda-Gymnasium in Aachen und habe die dortige Tolkien-AG besucht. Die Inda-Gefährten sind nämlich nicht nur allgemein Phantastik-, sondern auch Rollenspiel-begeistert und so durfte ich ein wenig mit den neugierigen Schülern und ihrem engagierten Lehrer über dieses spannende Thema plaudern.
Der Eindruck, den ich mit heimgenommen habe, ist ein positiver. Schräg, sicherlich – wie ich andernorts schon sagte, ist es schon abgefahren, wenn der Lehrer die Schüler zum Schluss daran erinnert, kommendes Mal auf jeden Fall an ihre Rollenspiel-Unterlagen zu denken –, aber dennoch sehr positiv.
Zu meiner Schulzeit waren wir Nerds ja doch irgendwie klar die Außenseiter. Ich vermute, das ist heute auch noch so, aber neu ist, dass dennoch auch solche wie wir mittlerweile Heimathäfen im schulischen Alltag geboten bekommen. Nichts gegen die Informatik-AG meiner Schule damals, aus der ich auch zumindest eine bis heute währende Freundschaft mitgenommen habe, aber das hier ist schon etwas anderes.
Der Termin brachte mich aber allgemein dazu, noch mal über Schulen nachzudenken. Sieht man einmal von ein paar Presse-Terminen während meiner Zeit bei der AZ ab – und auch das ist ja mittlerweile mehr als ein halbes Jahrzehnt her –, war ich im Grunde seit meinem Abi nicht mehr wirklich in einer drin. Und erfrischend wenig hat sich geändert, vieles ist noch so wie früher – sogar der Pausengong am Inda-Gymnasium klang exakt wie der am Gymnasium meines Heimat-Eifelörtchens auch.
Das aber wiederum führte mich gedanklich erneut zu ein paar Lehrern, ohne die ich, ganz ohne Zweifel, heute nicht der wäre, der ich bin.
Ich war ja beispielsweise ursprünglich gar nicht so das Bücherkind. Klar hab ich so die Grundsteine kennengelernt, „Fünf Freunde“, „Das Rote U“, auch an „Winnetou“ hab ich mich versucht, bin aber am Karl May erst einmal gescheitert. Der Wendepunkt für mich war dann pure Popkultur – mit Timothy Zahns „Erben des Imperiums“, dem ersten Star-Wars-Roman aus seiner Feder, begann dann doch eine gewisse Freude am bedruckten Buch zu keimen.
Es folgten die meisten Phantastik-Standard-Werke meiner Generation: DSA-Romane, Shadowrun, Drachenlanze, aber natürlich etwa auch der allwaltende „Herr der Ringe“.
Der Grund, dass das dann mehr wurde, dass letztlich dann der Weg ja sogar zu einem Studium der Literaturwissenschaften führte, war mein Deutsch-Lehrer in der Mittelstufe. Klaus Riehl weckte durch seine Begeisterung für Bücher, das Lesen, die Texte, schließlich auch meine eigene. Meine Freude an der Phantastik ist bekanntlich ungebrochen, aber er brachte plötzlich auch Namen wie Frisch, Kafka oder Borchert in mein Leben und ich denke, ohne ihn wäre das definitiv anders gelaufen.
Das setzte sich an der Uni aber fort. Ich verdanke unermesslich viel meinem – viel zu früh verstorbenen – Dozenten Holger Gehle, der es nicht nur schaffte, mir in meiner allerersten Uni-Veranstaltung die Angst vor dem Studium zu nehmen, sondern der mir in den gerade mal zwei Semestern, die wir miteinander zu tun hatten, jede übertriebene Ehrfurcht vor den Texten und ihren Schöpfern nahm, mir zugleich aber eine viel fundiertere, informiertere Form von Respekt gegenüber den Werken zeigte, die ebenfalls bestimmend war für alles, was folgte.
Doch obschon die beiden genannten Personen wirklich Lehrkräfte in meinem Leben waren, gilt das nicht für jeden, der mich geprägt hat. Und das führte mich in all meinen Überlegungen zu dem, was auch im Titel dieses Artikels steht: Wir sind alle Lehrer.
Sicher, ich bin freitags am Abend für anderthalb Stunden pro Woche ein Tanzlehrer, aber das meine ich nicht.
Wir sind alle Lehrer. Immer. Jeden Tag.
Eine dieser beliebten, schlauen und gerade im Netz kolportierten Weisheiten ist ja: Tanze, als würde niemand zusehen.
(Übrigens gerne Mark Twain zugeschrieben, aber vermutlich von den beiden Songwritern Anna Clark und Richard Leigh geschaffen.)
Ich mag das Zitat in all seinen Derivaten. Es trifft in seinem Drang zu ungenierter Selbstverwirklichung etwas, was mir sehr am Herzen liegt. Dennoch möchte ich heute einen nicht mal konkurrierenden, aber alternierenden Blickwinkel anbieten:
Tanze so, dass deine Zuschauer mittanzen wollen.
Wir sind Lehrer insofern, als das wir unsere Mitmenschen prägen. Die Jüngeren, die Schutzbefohlenen, die Unerfahrenen mehr, aber wir prägen jeden Menschen. Unser Weg berührt den anderer Leute, und wenn es nicht gar an der Oberfläche bleibt, so hinterlassen wir Spuren.
Und egal ob es um Rollenspiele, Videospiele, das Lesen, die Musik, um Modellbau-Eisenbahnen oder Bonsai-Zucht geht – ich für meinen Teil hoffe, in den Leben, deren Weg ich kreuze, etwas Positives zu hinterlassen.
Begeisterung.
Hingabe.
Leidenschaft.
Rücksicht und Güte gegenüber denen, denen ihr vielleicht etwas mitgeben könnt.
Wir formulieren den kategorischen Imperativ ja in der Regel mahnend: Tue niemandem, was du nicht willst, das man auch dir tue. Es geht aber in beide Richtungen: Gebe jenen, denen du begegnest, was andere auch dir gegeben haben.
Wer weiß, vielleicht kommt der Tag, an dem jemand einen solchen Blogartikel (oder seine zeitgenössische Entsprechung) verfasst und darin euren Namen nennt.
Es geht mir nicht um das Lob – aber wäre es nicht schön, vielleicht dem einen oder anderen den Weg gewiesen zu haben zu etwas, was sein Leben reicher gemacht hat?
Ich für meinen Teil bin meinen Lehrern, meinen Lehrenden dankbar – und ich hoffe, irgendjemand ist es vielleicht eines Tages auch mir.
Viele Grüße,
Thomas
PS: Das nächste Mal wird’s dann wieder konkreter hier. Aber manchmal gehören auch solche Dinge gesagt, finde ich.
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