Hallo zusammen!
Er ist in Internet-Kreisen zu einem geflügelten Wort geworden, spätestens seitdem soziale Medien und Memes auf den Plan getreten sind: Der Stapel ungelesener Bücher, gerne auch mal liebevoll SuB abgekürzt. Tatsächlich sprachen mein Kumpel Matthias und ich auch schon vor schätzungsweise 14 Jahren oft nur von dem Pile, wenn es um all das ging, was bei uns daheim lag und begierig auf einen Leser wartete. Ich glaube, ich hab den Begriff von ihm übernommen und ob er wiederum da Internet-Kultur als Wurzeln hatte, oder ob wir nur alle mal wieder parallel die gleiche Idee hatten, es wird ein Rätsel bleiben.
Es ist wiederum der Internet-Kultur zu verdanken, dass ich weiß, dass die Japaner dafür sogar ein Wort haben – Tsundoku nennt sich das, der Akt, ein gekauftes Buch ungelesen zu lassen, und mit ihm und anderen seiner Art einen Stapel zu errichten. Die Wikipedia hat ein bisschen Etymologie, wenn das jemanden interessiert.
Aber ich will mich hier gar nicht am Begriff, eigentlich nicht mal an dem Phänomen festfressen, ich will zeigen, womit ich derzeit daran arbeite, eine Lösung zu finden.
Der Gedanke kam mir, als ich neulich zwar wusste, was ich lesen wollte, es aber einen Moment suchen musste, um es inmitten der Reihen um Reihen der Taschenbücher hier ausfindig zu machen. Und irgendwie, dämmerte mir, ist das ja doch in gewisser Weise Teil des Problems.
Wir (also erst mal ich, aber ich will hier mal einfach ganz in schlechtem Ton von mir auf andere schließen) kaufen Bücher durchaus, weil wir sie lesen wollen. Aber es gibt zwei Punkte, an denen manches Buch mir schon seit Jahren immer wieder ausgewichen ist. Das eine ist die Dominanz neu gekaufter Bücher, die höhere Wahrscheinlichkeit, dass in dem Moment, in dem ich ein neues Buch aufschlage, eben jener Titel einfach außer Sicht ist, und zum anderen ist es etwas, was ich mal den „Oh guck mal da ein Eichhörnchen“-Faktor nennen will: Unschlüssig, was man nun lesen könnte obsiegt nicht zuletzt oft eben ein Buch, das gerade ins Auge fällt. Und ist es erst einmal begonnen, wird das zumindest bei mir auch gelesen und im Anschluss beginnt der Teufelskreis erneut.
Vielleicht denkt ihr, ich spinne. Cool, dann habt ihr ein bis zwei Probleme weniger.
Aber vielleicht wisst ihr, was ich meine. Nur war die Sache zumindest bei mir auch immer damit verbunden, dass mein Stapel ungelesener Bücher ein gedankliches Konstrukt war; Bücher haben hier ihren Platz, Gaiman steht bei Gaiman, Gibson bei Gibson, Vogt steht bei Vogt. Reihen stehen beieinander, was bei Zyklen weniger problematisch ist, die liest man ja selten verteilt, bei losen Reihen wie den DSA-Romanen aber schon eher, weil da die Ungelesenen aufgrund der Nummerierung vielleicht sogar mittendrin stehen. Geliehene Bücher, noch schlimmer, stehen sogar hinter einer Schranktüre. Das aber macht die Auswahl des nächsten Buches auch zu einem abstrakten Akt.
Um dem nun aber endlich mal eines auszuwischen, ist Folgendes entstanden:
Mein Regalfach ungelesener Bücher. Es befindet sich direkt am Kopfende meines Bettes, ist also greifbar, und bietet gewissermaßen eine physischer Gegenstand gewordene Leseliste. Das Foto ist nicht ganz aktuell, aber das Konzept ist, denke ich, selbsterklärend.
Zum einen macht es die Leseliste greifbar, macht sie auch visuell, zum anderen schafft es auch regelrecht Vorfreude, weil ich endlich mal sehe, was als Nächstes kommt. Andererseits bleibt Ordnung in der Wohnung erhalten, es stapelt nirgendwo ein Stapel in die Höhe, sondern alles steht brav im Schrank. Nur eben nach Zweckdienlichkeit sortiert.
Sind dies nun alle zu lesenden Bücher? Gott nein!
Aber auch das war Teil des Plans: Anstatt sich von dem schieren Berg ungelesener Bücher erschlagen zu lassen, in Ehrfurcht gelähmt in seinem Schatten kauernd wie die Maus vor der Schlange, praktiziert diese Reihe sehr viel „einen Schritt nach dem anderen“-Mentalität.
Tatsächlich steckt sogar noch etwas mehr Psychologie drin – in seiner gegenwärtigen Sortierung wechseln sich dicke und dünne Bücher genauso wie Belletristik, Sachbuch und gar Comics ab, sodass Abwechslung da ist und ich mich nicht so leicht wo „festfresse“, denn das kann ich ganz gut. Das ist, einmal eingerichtet, auch leicht zu erhalten, stellt man eben für jedes gelesene dicke Buch ein neues Dickes ans Ende und so weiter, und so fort.
Ein auf dem Foto nicht zu sehendes kleines Jottbook vertritt zudem die digitale Front in dieser so analogen Einrichtung. Denn ehrlich gesagt vergesse ich den Kindle in meiner Schublade sogar noch häufiger als andere Bücher, wenn der nächste Titel an der Reihe ist – und nun hat er gewissermaßen eine Repräsentanz in der diesseitigen Welt.
Anders als auf dem Foto wird der Platz rechts von den Büchern mittlerweile von einer kleinen Kiste eingenommen, auf der die Brille ruht und in der die Fernbedienungen von Fernseher und Apple TV ihren Platz haben, sodass auch da endlich mal Ordnung herrscht, aber das ist ein Bonus und hat nichts mit dem Leseprojekt zu tun.
Insofern zusammenfassend gesagt: Dem Leseplan eine physische Form gebend, ein bisschen Selbstüberlistung hier und da, auch durchaus ein bisschen Freude am Objekt Buch durch das sich so regelmäßig bunt wechselnde Bild dort im Schrank – kurzum, Spaß mit dem Buch auch als Gegenstand der Lebenswelt um einen herum.
Wisst ihr, wovon ich spreche?
Findet ihr die Idee gut? Oder doof?
Egal wie – mit euch teilen wollte ich es auf jeden Fall mal!
Viele Grüße,
Thomas
Fun Fact: Ich habe schon seit längerem einen Platz im Regal, in dem die Bücher, die ich noch nie gelesen habe, mehr oder minder unordentlich durcheinanderliegen. Ich habe die Befürchtung die Unordnung ist nicht so zufällig entstanden, wie ich das gerne glauben will, sondern eine unterbewußte psychologische Druckschraube, weil ein kleiner Teil von mir einen chronischen Aufräumfimmel hat und ein anderer Teil von mir immer wieder zu Büchern abschwenkt, die ich schon kenne…versteht man worauf ich hinauswill…?;-)
Hallo Ela!
Ich weiß, was du meinst, ja … aber ich fürchte ich bin bei allem hier manchmal herrschenden Chaos doch zu sehr Ordnungsmensch, um Chaos im Regal tolerieren zu können. Gerade neben dem Schlafplatz, so wie ich es hier gehalten habe.
Aber jeder so, wie es für ihn funktioniert, sage ich mal =)
Bisher bin ich durchaus zufrieden. Die Selbstdisziplin, mich an die Reihenfolge im Regal zu halten, hilft auch wirklich, mich einmal Titeln zu stellen, die ich aus dem einen oder anderen Grund schon viel zu lange vor mir herschiebe – denn ich sehe ja, was danach dann auf mich wartet.
Auch wenn es natürlich noch zu früh ist, zu einem finalen Ergebnis zu kommen, wie „effektiv“ das hier wohl langfristig sein wird :)
Viele Grüße,
Thomas
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