Seelenworte

Das war 2024

Hallo zusammen!

Wie jedes Jahr beginne ich im Januar mit drei Artikeln. In diesem ersten werfe ich einen Blick zurück auf mein persönliches Jahr 2024, sowohl als ein Resümee kreativer Projekte wie auch als – ich bin ehrlich: kuratierte – Zusammenfassung all dessen, was in meinem Leben so los war die letzten 12 Monate.
(Content-Warnung, das sind teils wirklich persönliche Gedanken.)
Morgen dann folgt ein zweiter Rückblick – in dem Fall aber auf die herausragendsten all der Medien, die ich 2024 konsumiert habe. Und zuletzt gibt es dann übermorgen einen Ausblick auf das neue Jahr und meine Pläne diesbezüglich.

Und in diesem Sinne: Auf geht’s!

Füreinender da sein

Ich muss in diesem Jahr generell etwas genauer gucken, was ich hier sage und was nicht, da die zurückliegenden zwölf Monate massiv von einer Sache geprägt wurden, die nicht nur mich betrifft.
In einer fast schon poetischen Konstellation, erreichte mich exakt zum Jahresbeginn, am 01.01.2024, ein Hilferuf einer der wichtigsten Personen in meinem Leben; er kam von der hier immer mal wieder erwähnten Lichte. Das ist der Teil, wo ich vage bleiben werde, aber ihr ging es nicht gut, nicht gesundheitlich und nicht wegen einiger Ereignisse, die ihr ganzes Leben gerade aus der Bahn geworfen hatten. Und klar habe ich angeboten zu helfen.
Tatsächlich hat es dann noch bis März gedauert, bis ich wirklich realisiert habe, wie schlecht es ihr geht, doch von da aus fasste ich dann für mich den Entschluss, die Hilfe dort in den folgenden Monaten zu einer Priorität zu machen.
Das wiederum war eine Entscheidung, die zumindest mein Privatleben in dem Jahr sehr beherrschen sollte. Ich bereue es keine Sekunde – nicht nur, weil ich als ungebundener Alleinstehender leicht diese Entscheidung für mich alleine fällen konnte, sondern auch, ich erwähnte es, weil sie einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben ist.
Ich möchte an dieser Stelle nicht tiefer ins Detail gehen. Wer – ums mit Simon Sinek zu sagen – schon mal mit einer Freundin oder einem Freund während einer schweren Zeit im Schlamm gesessen hat, weiß vermutlich, wovon ich rede, auch ohne dass ich überhaupt weiter ins Detail gehen muss.
Dennoch ist es alleine für euch wichtig als Kontext, warum dieses Jahr so viele geplanten Dinge nicht stattgefunden haben, so viele privaten Projekte nicht fertig geworden sind.
Mein Kollege Vincent sagt gerne, wenn der Mensch Pläne macht, lacht der Teufel. Kluger Mann, der Vincent.

Keine Selbstfindung, aber Selbstsuche

Entstanden im Rahmen eines Hochzeits-Foto-Auftrags; siehe weiter unten im Artikel.
Foto © 2024 Lichte / Lichtart Eifel

Ein „Nebeneffekt“ von all dem war aber auch, dass ich viele Aspekte meines eigenen Lebens nochmal auf den Prüfstand legen konnte. Legen musste.
Ihr wisst ja, wenn ihr hier regelmäßig mitlest, dass ich ein großer Befürworter davon bin, sich regelmäßig beispielsweise über den Jahreswechsel selbst zu hinterfragen. Das sehe ich auch weiterhin so und das ist auch gerade in diesem Moment, wenn dieser Text online erscheint, wieder ganz akut der Fall. Doch in vielerlei Hinsicht war das ganze Jahr 2024 ebenfalls genau solch ein Prozess, nur gedehnt auf viele Monate.
Themen wie Verlust und Trauer sind nur eine Auswahl von dem, was regelmäßig eine Rolle spielte und was mich mehr oder weniger gezwungen hat, mich selbst tiefgehender zu hinterfragen, als ich das anscheinend die letzten Jahre getan habe. Die regelmäßigen Leser unter euch wissen ja auch, dass die letzten Jahre für mich genug Hürden hatten, vom Tod meiner Eltern über die Flutkatastrophe 2021 hin zu einer chronischen, wenngleich in Relation gut handhabbaren Erkrankung. Sagen wir mal einfach, da ist durchaus noch das eine oder andere fertig zu verarbeiten. Und vieles davon kam dann im Laufe des Jahres auch bei mir wieder an die Oberfläche.
Das war (und ist) ein schmerzhafter Prozess, und beileibe nicht abgeschlossen. Aber auch wertvoll. Wir Menschen, ganz allgemein, sind recht gut darin, Dinge zu nehmen und dann ganz tief wegzusperren; 2024 war für mich eine Chance, dem bewusst entgegenzutreten.
Vermutlich ist es leicht, das jetzt zu lesen und von außen einen Eindruck von Selbstaufopferung zu erlangen, aber dem würde ich vehement widersprechen. Es ist am Ende eine gute Sache, und auch Lichte steht mir in dieser eigenen Aufarbeitung genauso bei wie ich ihr. Es ist letztendlich – Achtung, es folgt ein sehr geladenes Wort – ein Schritt zu einer langfristigen Heilung.
In sowohl philosophischen als auch eher esoterischen Kreisen wird ja gerne über Selbstfindung gesprochen. Den Begriff möchte ich in dem Kontext vermeiden, denn er impliziert den erfolgreichen Abschluss dieses Prozesses.
Das kann ich für mich nicht reklamieren.
Aber Selbstsuche trifft es recht gut.
2024 war ein Jahr der Suche.

Ein Zuhause

Ein Teil dieses Prozesses manifestiert sich auch in einem Akt der Renovierung. Nicht metaphorisch gesprochen – wobei ich auch nach inzwischen sieben Monaten noch mit genug Leuten ins Gespräch komme, weil ich keine langen Haare mehr trage –, sondern sehr konkret hier im Haus.
Grundsätzlich arbeite ich mich ja seit Jahren langsam durch das Elternhaus, das ich geerbt habe – aber was dieses Jahr auch gekennzeichnet hat ist die bewusste Entscheidung, oder eher die Erkenntnis, dass dies mein Haus ist und ich mich gestalterisch darin stärker ausleben kann als bisher.
Wer kann mir untersagen, aus der Diele mithilfe dunkler Farben und einer Galeriewand etwas zu machen, was vielmehr ein (vage) viktorianisch inspiriertes Entree ist? Richtig. Niemand.
Ein Schlafzimmer in herrschaftlichem Purpur? Yes Ma‘am, yes Sir.
Das wird nächstes Jahr irgendwann ein eigener Artikel hier werden, aber so absurd es klingt – in diesem Akt, mich von (durch mich selbst) vorgefassten Erwartungshaltungen zu lösen, steckte 2024 eine große Befreiung.

Dinge tun

Aus der gleichen Richtung kommt denke ich die Bereitschaft, 2024 manchmal einfach Dinge zu tun, weil ich kann.
Ich bin ja eigentlich ein unfassbar strukturierter Mensch; ich plane meine Mahlzeiten sieben Tage im Voraus und habe meine Leseliste bis weit rein ins Jahr 2025 vorbereitet. Spontanität ist nicht zwingend mein zweiter Vorname. Umso bemerkenswerter ist daher der Kurztripp nach Middelkerke, den Lichte und ich unternommen haben und über den ich ja bereits nicht einen, sondern zwei Artikel hier schrieb. Middelkerke war für mich dieses Jahr dahingehend auch ein geradezu transformativer Augenblick – ein weiterer Schritt auf diesem Weg, meine Handlungsmacht in meinem eigenen Leben mit einem deutlich festeren Griff zu erfassen.
Dort, am Strand von Middelkerke, auf das Meer zu blicken hat etwas in mir gelöst, das ich auch Monate später noch nicht ganz erfassen kann, aber begrüße.

Dabei ist Middelkerke zwar der Kern, aber anderes zahlt in gleicher Münze ein. Seit der Pandemie habe ich kein Konzert mehr besucht gehabt, und 2024 waren es derer wieder drei. Kettcar auf Burg Wilhelmstein war definitiv das Highlight, über das gänzlich anders anmutende, gleichsam coole Open Air in Berzbuir schrieb ich hier ebenso einen Artikel. Nicht geschrieben habe ich über Mozarts Requiem in Dürens Marienkirche, aber auch das war eine spannende Erfahrung, über die ich Dinge zu sagen hätte, ich kam nur (bisher?) nicht dazu.
Ich war auf der Dracon, aber das ist natürlich irgendwo fest gesetzt. Ich war auf insgesamt drei Tanzbällen – je gemeinsam mit Lichte als Foto- oder Videograf, aber auch selber tanzend. Und rückblickend ebenfalls wirklich ein Highlight war die Hochzeit zweier Freunde in Köln, die wir ebenfalls gefilmt respektive fotografiert haben, die aber auch schlicht eine schöne Feier war und über die hinweg wir unter anderem Aufnahmen in Schloß Bensberg in Bergisch Gladbach machen konnten, was für sich genommen schon eine bemerkenswerte Erfahrung war.
Insgesamt kann man wohl vereinfacht sagen – Achtung, nochmal Pathos –, dass ich 2024 in mancherlei Hinsicht deutlich mehr gelebt habe als die Jahre zuvor.

Kettcar auf Burg Wilhelmstein in Würselen

Vermutlich sollte ich der Vollständigkeit halber, gerade in dem Kontext, noch erwähnen: Long Covid? Jepp, noch immer da.
Ich kann auf ein Konzert oder einen Tanzball gehen. Es darf dann im Anschluss nur einfach niemand von mir erwarten, den nächsten Tag irgendwas konstruktiv-produktives zu tun. Sowas wie aufstehen beispielsweise.

Kreative Projekte, die waren

Aus all dem, was ich gerade schrieb, zuzüglich meiner Lohn- und Brotarbeit bei Ulisses, ergibt sich aber auch eine weitere Sache – meine privaten, kreativen Projekte waren mehr oder weniger der große Verlierer in Sachen Zeitökonomie. Was okay ist, all die vorgenannten Punkte gingen für persönlich maßgeblich vor. Dennoch muss ich das natürlich anerkennen.
Der Bildband zum Tanzball 2022 ist endlich vollendet worden – und nach einigen Hürden letztendlich wirklich schön geworden.
Dann sind auch 2024 ein paar Videos „rumgekommen“, etwa das zur Dracon oder auch jenes zur vorgenannten Hochzeit, das finde ich wirklich schön geworden ist, aber natürlich privat für das Brautpaar gefertigt wurde.
Immerhin zwei Poster hat 2024 noch gebracht – das zur Dracon und eines für die Theatergruppe Platzhalter, für ihre Inszenierung von Margaret Edsons Geist. Mit beiden bin ich sehr zufrieden! (Und ich sollte echt mal eine Galerie hier einrichten mit all meinen Veranstaltungspostern der letzten … ach Gott, fast 20 Jahre!)
Aber das war es dann auch schon.

Das Ende eines Ära

Dann natürlich ist noch eine Sache zu erwähnen: Der DORPCast ruht.
Nach mehr als einem Jahrzehnt und nach 250 regulären Folgen haben Scorp und ich gemeinsam beschlossen, dass wir eine Pause brauchen. Natürlich wirkt auch hier alles ein, was ich oben schrieb, aber spezifisch beim DORPCast liegt der Grund im Podcast selbst. Wenn man Woche um Woche gerade noch rechtzeitig realisiert, dass man das ausgewählte Thema vor Jahren schon thematisiert hat – dann ist das ein Warnsignal.
Und wenn man – so Stand heute – beiderseits feststellt, dass auch weiterhin noch nicht wirklich wieder der Antrieb da ist, zumindest speziell diesen Podcast fortzusetzen? Dann ist das eine Bestätigung, dass die Entscheidung mindestens vorerst richtig war.
Wird sich das nochmal ändern? Oder wird unser Urteil – ums mit George R.R. Martin zu sagen – dauerhaft „and now his watch is ended“ lauten?
Wir werden es sehen.

Kreative Projekte, die weiterhin werden

Dann aber gibt es auch noch ein Dutzend Projekte, an denen ich aktiv gearbeitet habe, die einfach nur noch nicht fertig sind.
Natürlich wird der ganz zu Beginn erwähnte dritte Beitrag dieses Jahr da den Ausblick wagen, aber es sei zumindest erwähnt:
Ja, ich habe an Der Pakt der weißen Nächte weitergeschrieben, ich bin nach wie vor sehr angetan, wie sich das Buch entwickelt – aber es wird für meine Verhältnisse auch ungewöhnlich dick. Alleine darum braucht es länger.
Und ja, ich habe an Morold und die Karte von Carthagena gearbeitet, nur fertig geworden ist er nicht. Und ja, ich habe ein fertiges Skript für Laudate, meinen dritten Condra-Kurzfilm, aber gedreht bekommen haben wir ihn nicht.
Ebenso habe ich da eine ganze Reihe DORP-Dinge im Ofen – aber wie gesagt, der Ausblick folgt.
2024 musste vieles davon schlicht zurückstecken.

Und sonst?

Tausend kleine Dinge, aber dieser Artikel ist weiß Gott inzwischen lang genug. Erwähnt sei vielleicht noch, dass ich bei Saltatio einmal mehr für fünf weitere Jahre im Vorstand wiedergewählt wurde. Ich bin damit tatsächlich das letzte Gründungsmitglied, das seit Tag 1 das gleiche Amt bekleidet. Schon cool – ich nehme das mal als Lob und Zeichen, dass ich meine Sache da irgendwie schon gut mache.
Und natürlich kann ich hier wenig über die konkrete Arbeit bei Ulisses als Verlagsleiter reden, wobei diese heute hier vielfach umrissene Idee einer Neudefinition dessen, wer ich eigentlich bin und sein will, durchaus auch hineinstrahlt in das Bewusstsein, wie ich meiner Rolle (und Verantwortung) als Führungskraft nachzukommen suche. Aber alles jenseits dieser Aussage sind Firmeninterna, also belasse ich es dabei.
Ich habe allerdings das Gefühl, dass ich dieses Gespenst der Work-Life-Balance dieses Jahr besser im Griff hatte als in den Jahren davor.

Und ich glaube das ist der Abschluss für den sehr persönlichen Jahresrückblick 2024.
Es war ein Ritt.
Ein Ritt auf einer wilden Bestie.
Mit Tollwut.
Dennoch habe ich das Gefühl, in all dem Positives für mich gefunden – und in paar wirklich gute Wege eingeschlagen zu haben.

Ich denke, morgen reden wir hier dann mal über die Dinge, die in Summe sicherlich mehr Spaß machen.
Morgen reden wir über Medien 2024.

Viele Grüße,
Thomas