Hallo zusammen!
Disclaimer: Dies ist ein langer Artikel über den Kauf einer Tasche. Wen das jetzt thematisch so gar nicht reizt – die Tage gibt es wieder was mehr rund ums Büchermachen, Schreiben und so, versprochen!
Ich dachte, ich nehme euch heute mal rückwirkend mit auf eine Reise, ja, eine Queste, die ich in den letzten Woche bestritten habe – die Suche nach der perfekten Tasche. Wobei, na ja, es ist etwas komplexer.
Es ist nicht so, als hätte ich nicht einige Taschen, die ich sehr mag. Ich habe eine mit selbstgedrucktem Foto-Einleger, die ich gerne so für die kleinen Wege in Aachen nutze. Ich habe ein wahres Volumen-Monster, das ich gerne auf Cons und Messen schleppe, weil im Zweifel auch mal Platz darin ist für einen Stapel neue Die 1W6 Freunde oder ähnliches. Und ich habe einen Foto-Rucksack mit dem unfassbar professionell klingenden Namen Lowepro Slingshot Edge 250, der aber wirklich durch unglaublich gute Aufteilung und Features überzeugt.
Dennoch suchte ich noch eine weitere Tasche.
Da stecken verschiedene Gedanken drin. Über mein EDC schreibe ich ja dann und wann und das sollte natürlich darin auch Platz haben. Auch bin ich in Aachen halt sehr, sehr viel zu Fuß unterwegs und eine Alternative zu der Foto-Bild-Tasche für die etwas stressigeren Transporte – etwa Bücherstapel zur Rollenspielrunde – wäre nett. Zuletzt werde ich ja wie es scheint in Zukunft auch häufiger mal für ein oder zwei Tage in den Taunus jetten und eine Tasche, in der ich neben dem heute üblichen Wust an Ladekabeln und Alltagsdingen auch einen Laptop sicher transportieren kann, die wäre schon was.
Und weil ich eigentlich nicht so der Rucksack-Mensch bin, war das generelle Ziel ein Messenger Bag in irgendeiner Form. (Ihr wisst schon, das, was man früher Umhängetasche genannt hätte.)
Meine erste Suche brachte mich dann auch bald zu etwas, was an vielen Orten ein wenig wie der Porsche (oder Tesla) unter den Taschen gehandhabt wird, aber auch ähnlich bepreist ist: Der Peak Design Everyday Messenger ist zwar schon arg auf der hipsterigen Seite des Marketings, aber das zugehörige Video machte durchaus Lust auf mehr. Der fromme Blick auf die Herstellerseite offenbarte dann aber auch einen Preis jenseits der 200 Dollar, und damit war ich raus.
Gut, dachte ich mir, versuche ich es mal über den Pen&Paper-Ansatz. Für Brettspieler gibt es mittlerweile coole zielgerichtet hergestellte Taschen, vielleicht gibt es da ja auch was für meine Belange, dachte ich mir?
Es gibt bei ThinkGeek den Bag of Holding, der natürlich vom Namen her schon mal punktet, aber einerseits keine so richtig überzeugenden Rezis in Sachen langfristige Haltbarkeit hat – und ich bin ja generell eigentlich eher einer, der gerne einmal teurer für lange, und nicht dauernd billig für die Tonne kauft –, und der zum anderen, verglichen mit dem amerikanischen Ladenpreis, offenbar durch Porto und Zoll für uns hier mal eben doppelt so teuer gewesen wäre. Na gut.
Nächster Versuch: Der Schwarm.
Zuerst fragte ich das hier auf Twitter:
Und kurz darauf dann auch noch mal ähnliches im DORPCast. Es kamen wenige Antworten, Cast-Hörer Fabian verwies mich immerhin auf diese Seite hier, die echt schicke Taschen bot, aber irgendwie nicht so 100% das, was ich suchte.
Mein nächster Gedanke: Tactical.
Das ist eine obskure kleine Nische, die auch vor allem in Amerika zu florieren scheint, aber tactical gear (bzw. „taktische Ausrüstung“) ist ein Klammerbegriff für Equipment, das seine Wurzeln in einer militärischen (oder paramilitärischen) Nutzung hat.
Jetzt bin ich ja ein generell sehr militärferner Mensch und Verweigerer aus Überzeugung, aber das Argument dahinter ist schon dennoch griffig, denn Militär-Zeugs hat unter anderem zwei Design-Prämissen: Es soll möglichst unzerstörbar sein, und praktisch. Das klang gar nicht so verkehrt.
Und tatsächlich gibt es da einen riesigen Markt von entsprechenden Taschen, von Dingern, die so aussehen, als wären sie wirklich eher in Krisenzonen zuhause bis hin zu obskuren Hybriden, wie diesem 5.11 Tactical Covrt Boxpack, was mit seinem „alltagstauglichen“ Ansatz im Kern zu meiner Suche passte, aber irgendwie im Kontext militärischer Herkunft auch irgendwie creepy wirkte.
Apropos creepy: Die meisten Youtube-Rezis – an sich hilfreich, weil sie die Taschen mal in Aktion zeigen – der Tactical-Sachen stammen von Typen, die exakt allen Klischees der no nonsense red blooded americans entsprechen. Darin lernte ich einen Begriff bzw. ein Feature, was ich vorher nicht kannte: concealed carry. Das sind Fächer, die explizit dafür gestaltet werden, dass man darin (vor neugierigen Augen) verborgen in der Öffentlichkeit seine Schusswaffe führen kann.
Nun. Ja. Amerika.
Irgendwo entlang dieser Grenzen kam ich dann aber zu dem Ergebnis, dass das irgendwie nicht die richtige Suchrichtung war.
Also grübelte ich wieder – bis plötzlich ein Groschen fiel. Es gibt nicht den deutschen Namen für den Klammerbegriff der Messenger Bags, aber eine der hiesigen Bezeichnungen ist „Kuriertasche“. Und das brachte mich in das eigentümliche, überspezialisierte, aber viel sympathischere Feld der Taschen, die unter anderem für Fahrradkuriere entworfen und entwickelt werden. Denn dort sind die Ansprüche auch genau, was ich suchte: Bequem zu tragen, stabil, im Zweifel auch für etwas mehr Krempel auf einmal, wasserdicht … und nicht paramilitärisch.
Der Spur folgte ich weiter und so kam ich dann auch zu meinem Gewinner. Seit über einem Monat erfüllt ein Timbuk2 Messenger Bag 2015 seinen Dienst in meinem Besitz und was soll ich sagen? Ich denke, ich habe meine Tasche gefunden für all die Anlässe, an denen die Foto-Einleger-Tasche an ihrer Grenzen stößt.
Ich lasse euch aber nicht gehen, ohne nicht zumindest zwei semi-philosophische Gedanken losgeworden zu sein. Zum einen: Irgendwie sind all diese Taschen ein ganz spannender Spiegel für all die verschiedenen Typen von Menschen, die unsere Erde so bevölkern. Für die unterschiedlichen Ansprüche, Wünsche und Vorstellungen, die damit einhergehen. Das ist irgendwie sogar ganz cool, finde ich.
Seit ich meine Queste begonnen hatte, habe ich immer wieder auch auf die Taschen geachtet, die Leute hier in Aachen – aber auch etwa auf der SPIEL in Essen – dabei hatten und es ist ganz spannend, die Bandbreite dessen zu beobachten, die sich einem da zeigt.
Der andere Aspekt ist aber im Grunde kritischer. Wir haben eine ganze Reihe von Untergruppen sowohl im Ausrüstungs- wie auch im Kleidungsfeld, deren Verkaufsargument gewissermaßen ihre Funktionalität ist. Das kann tactical gear sein, oder etwa commuter bags, die für den täglichen ÖPNV- oder Fahrrad-Pendler optimiert wurden. Oder aber das ganze Feld der Funktionskleidung, die laut Wikipedia definiert wird als hergestellt aus Materialen „mit funktionellem Mehrwert“.
Wenn es nun also eine Unterkategorie gibt, deren Feature darin liegt, dass sie einen weiterführenden Nutzen besitzt … was sagt das dann über das restliche Zeug aus, das wir so verwenden?
Es geht mir dabei nicht nur um Taschen, von denen ich teils statistisch signifikant viele Rezis gelesen habe, die beteuerten, dass der Tragegurt beim dritten Tragen gerissen sei. Es geht mir generell mehr um die Frage, was eigentlich genau passiert ist, dass wir Dinge, die aus einer Funktionalität heraus geboren wurden, heute differenzieren können in jene mit mehr, und jene mit weniger praktischem Nutzen. Eine Tasche, in der man nichts tragen kann, die ist halt unterm Strich so nützlich wie eine Jacke, die das Wetter nicht draußen hält oder eine Hose, deren Taschen so klein sind, dass ich nicht mal die leere Hand hineinstecken kann.
Das ist allerdings ein Thema, das ich heute hier nicht mehr in vollem Umfang erörtern kann, werde oder möchte … aber auf das wir irgendwann noch mal zurückkehren sollten.
Für heute aber genug überspezialisierte Gedanken, würde ich sagen.
Spätestens Anfang kommender Woche gibt es dann auch schon wieder Zwischenstände; aber wer weiß, vielleicht komme ich vorher auch noch zu ein paar weiteren Worten hier.
Wir werden sehen.
Viele Grüße,
Thomas
PS: Bevor wer fragt – nope, der Artikel hier ist weder gesponsert noch irgendwie werbefinanziert. Ich habe sogar bewusst auf mögliche affiliate links verzichtet, einfach, weil ich heute nur berichten, aber nicht verkaufen wollte.
PPS: Nachtrag – ich wurde gebeten, doch mal eigene Beispielfotos der gefüllten Tasche zu zeigen. Sollt ihr haben!
Interessanter Bericht und im Vergleich zu Rob Donoghues (The Walking Mind) akuter Rucksacksuche sogar recht knapp. – Ich bin auch auf der Suche, aber zwischen Rucksack und Umhängetasche zu entscheiden fällt mir schwer. Poste doch mal bitte Photos von der gefüllten Tasche nebst Innenansicht.
Best!
Moin!
Danke dir! Und danke für den Verweis auf den Walking-Mind-Artikel, den hatte ich noch gar nicht auf dem Schirm.
Außerdem sei dein Wunsch mir Befehl – ich habe den Artikel gerade aktualisiert und am Ende um vier Beispiel-Fotos erweitert :)
Viele Grüße,
Thomas
Danke Thomas, das ist ja vorzüglicher Leserservice.
Aber gerne doch :)