Hallo zusammen!
Schon vor irgendwie einem Monat traf mich auf Facebook ein Kettenbrief, der mich anhielt, zehn Bücher zu listen, die mich bewegt haben in meinem bisherigen Leben. Dem kam ich nach, hab sogar artig neue Leute nominiert – von denen Ela auch abseits von Facebook in ihrem Blog antwortete und darum hier verlinkt sei –, versprach aber auch, das hier eines Tages noch etwas eingehender zu erläutern.
Nun, „eines Tages“ ist heute.
Ohne große Worte also – auf geht es. Zehn Bücher in alphabetischer Reihenfolge. Angemerkt sei noch, dass ich mir selbst eine Art „Ein Buch pro Autor“-Grenze gesteckt hatte. Einfach, damit es überschaubar bleibt. Genauso wie ich in einigen Fällen Reihen genannt hab, nämlich da, wo eine Trennung albern erscheint.
Gaiman, Neil: Neverwhere
Fangen wir doch direkt mit was Schwerem an. Gaimans „Neverwhere“, in Deutschland „Niemalsland“, war mein erster Kontakt mit ihm; allerdings nicht das Buch, sondern die BBC-Serie, auf der es basiert. Bei der Frage nun, welchen Gaiman ich hier nennen würde, siegte Nostalgie, denn ansonsten wären auch „Sandman“ (noch eine Reihe), „American Gods“, der „Ocean at the End of the Lane“, „Coraline“, „Good Omens“ … und vieles anderes möglich gewesen.
Gaiman schreibt für mich voller Magie. Man kann mögen, wie er oftmals wildeste Elemente nur beiläuig erwähnt oder andeutet, oder sich ärgern, weil es vage bleibt, aber ich liebe das an seinem Stil. Es lässt mir das Gefühl, dass dahinter mehr schlummert, wenn man nur bereit ist, länger zu träumen.
Gibson, William: Spook Country
Auch hier war die Auswahl schwer. „Neuromancer“ ist der Klassiker, „Pattern Recognition“ auch toll, aber irgendwie gewinnt am Ende „Spook Country“. Bzw. zu Deutsch „Quellcode“. Was mich an diesem Buch so fasziniert sind zwei Dinge: Einmal, dass es sich so unglaublich wie die Zukunft von morgen ließt. Nicht übermorgen, nicht in ein paar Jahren, aber eben auch nicht heute. Jeder von Gibsons Bigend-Romanen („Zero History“ ist Nr. 3) hat dieses unglaubliche Gefühl, dass der Autor weiß, was morgen kommt.
Der andere Aspekt, und der war durchaus prägend für mich, ist, dass so vieles offen und kryptisch bleibt. Es ist nie so, dass ich das Gefühl hatte, Gibsons Welt wäre nicht schlüssig; aber ich hatte halt auch nie das Gefühl, ich könne sie vollends begreifen.
Was ein erstaunliches Plus ist.
Green, John: Looking for Alaska
Ich lobe das Buch ja echt gerne und oft. Ich meine, es gibt drei Bücher von Green, die ich bisher gelesen habe und absolut großartig finde (als da noch wären „The Fault in Our Stars“ und „Paper Towns“), aber „Looking for Alaska“ – hierzulande „Eine wie Alaska“ – schlägt sie alle.
Die Gründe sind endlos: Das Setting. Die Charaktere. Dass es Green gelingt, aus dem archetypischen Baukasten einer Paukerklamotte eben keine solche zu bauen, sondern dass er daraus eine absolute rührende und fesselnde Erzählung macht. Der Geniestreich, den ersten Akt „Before“ zu nennen und auf ein zunächst nie benanntes, nur angedeutetes Ereignis in der Buchmitte hinzuarbeiten.
Und, zugegebenermaßen, ein Hauch von Parallelität zwischen einem Teil des Buches und meinem eigenen Leben.
Vor allem anderen aber: Greens Bücher richten sich an jugendliche Leser und nehmen diese Ernst. Jeder, der ein Argument im Sinne von „Produkt XY ist nicht perfekt, aber hey, ist halt für Kinder“ in den Mund nehmen will, sollte Green lesen und sich dann was schämen. Denn Green beweist, dass die YA-Zielgruppe und Anspruch durchaus miteinander können.
Kiesow, Ulrich: Die Gabe der Amazonen (DSA)
Und somit kommen wir zu einem harten Bruch; nicht nur, weil Kiesow der erste Autor hier ist, der nicht mit einem G beginnt. „Die Gabe der Amazonen“ war nicht der erste DSA-Roman, den ich gelesen haben, mindestens „Der Scharlatan“ (auch Kiesow) war davor. Aber dieser hier war der erste Roman, der sich auch beim Lesen für mich wie Rollenspiel anfühlte. Es mag absurd sein, aber irgendwie war es damals genau das, was es brauchte, um mich für die Reihe zu entfachen.
Heute würde ich da gar nicht wieder hin zurück wollen, literarisch wären die Vogts und Hennens dieser Welt sicher bessere Adressen, aber damals, für mich, hat Kiesow maßgeblich zu meiner (Roman-)Liebe zu DSA beigetragen.
Lovecraft, H.P.: The Shadow over Innsmouth
Der hier sollte einfach zu erklären sein. Ich mag Lovecraft, mag ihn jetzt seit 16 Jahren, seit ich auf einer Heimfahrt aus einem Urlaub oder von einem Familienfest auf der Rückbank „Der Fall Charles Dexter Ward“ ausgelesen habe. Der wäre auch ein Kandidat hier, aber wenn man nun in Betracht zieht, dass auf „The Shadow over Innsmouth“, bzw. „Schatten über Innsmouth“, letztlich dann auch mein Lovecraft und Duve beruht, das mir sowohl einen akademischen Abschluss als auch später eine Nominierung für den DPP eingebracht hat – ja, doch ich denke das Ding kann man als geritzt betrachten.
Palahniuk, Chuck: Fight Club
Ich hatte den Film bereits gesehen und für toll befunden, aber noch gar nicht realisiert, dass es eine Adaption ist, als mir das Buch „Fight Club“ in die Hände fiel. Das war in unserem kleinen Eifel-Laden ja schon thematisch bemerkenswert genug, aber umso mehr, wenn man bedenkt, dass es das englische Original war. Und zu meiner Schulzeit wohl das einzige englische Original, das ich dort je in der Auslage gesehen habe.
Dann las ich es an und es faszinierte mich, wie nah der Film wohl am Buch war, inhaltlich, aber auch sprachlich. Und dann, wie frappierend anders beide Medien dennoch sind. „Fight Club“ ist ein Beispiel für eine gelungene Verfilmung, die dem Buch treu bleibt, obwohl (und indem) sie sich davon entfernt.
Saul, John: The Blackstone Chronicles
Dieses hier ist glaub ich speziell. Es ist ein Sammelband von sechs Kurzromanen, die zusammen eine übergreifende Handlung bilden. „The Blackstone Chronicles“, zu deutsch „Die Blackstone-Chroniken“, ist eine Horror-Erzählung, die oberflächlich etwas an Kings „Needful Things“ erinnern mag – es geht um Geschenke, die Unheil bringen –, aber die doch eine ganz eigene Angelegenheit ist. Flott erzählt, dynamisch, mit guten Ideen, insgesamt ein Buch, das ich gerne gelesen habe.
Zugleich ist es eine durchaus gute Erinnerung an meine Zeit im Zivildienst, den ich ja zusammen mit dem DORP-Markus verbraucht habe. Das Krankenhaus hatte eine zum Möbellager umfunktionierte Bunkeranlage, und es gibt wirklich wenig Orte, die besser für solche Lektüre geeignet wären, als scheinbar uralte Sofas inmitten eines Bunkerraumes.
Tolkien, J.R.R.: The Lord of the Rings
Eigentlich finde ich den „Hobbit“ ja besser. Aber damals, frisch darauf gedrillt, dass man Tolkien lesen muss, wenn man Fantasy mag, klang ein Buch namens „Der kleine Hobbit“ irgendwie unsexy. Und so wurde es ja schon fast zu einer Art Mannbarkeitsritual, die schon zuvor erwähnte Eifler Buchhandlung aufzusuchen, nach dem – im Dauerbestand vorhandenen! – Fantasy-Schinken „Der Herr der Ringe“ zu fragen und dann mit großen Augen zu sehen, wie die Angestellte den grellgrünen Schuber aus dem obersten Regalfach hob.
Meine Leseerfahrung ist dann gespalten. In der endlosen Genealogiefolge von Elronds Rat hätte ich fast aufgegeben, das fünfte Buch (also die erste Hälfte des dritten Bandes; diese Gliederung scheinen mir die Filme aber auch aus den meisten Köpfen gespült zu haben; die ganze Gondor-Nummer halt) habe ich in einem Rutsch gelesen und die Rückkehr ins Auenland hat mich fast wieder verjagt. Alles in allem fand ich das Buch eigentlich eher mau.
Und habe es seither dann noch vier Mal gelesen.
Keine Ahnung, es muss Hassliebe sein.
Weis/Hickman: Dragonlance Chronicles
Des Fantasy-Pflichtkurses zweiter Teil. Ich hatte mir damals auf Anraten meiner damaligen Rollenspielrunde die ersten Bände mit in den Familienurlaub genommen; sollte man ja mal sehen, was die Bücher taugen würden. Und so ergab es sich dann, dass ich am Ende der Zeit nicht nur alle Bände der „Chroniken der Drachenlanze“ ausgelesen, sondern die „Legenden der Drachenlanze“ gleich mitverschlungen hatte.
Ist es hohe Literatur? Nein, sicherlich nicht. Aber es sind spannende, schön erzählte Bücher, die D&D atmen und damit sehr, sehr wichtig waren für den Aufbau von dem, was ich mal meine Fantasy-Grundkenntnisse nennen will. Vor allem noch mal auf einer ganz anderen Ebene spannend ist dann die leider nicht ganz leicht zu bekommende Ausgabe „The Annotated Chronicles“, wo die Autoren in Marginalien u.a. erläutern, inwiefern dieser Roman von ihrer Spielrunde her beeinflusst wurde. Und das ist dann sogar irgendwie sogar literaturwissenschaftlich bedeutungsvoll, denn von wie vielen Autoren bekommen man gewissermaßen eine Kommentarspur geboten?
Zahn, Timothy: Die (erste) Thrawn-Trilogie (Krieg der Sterne)
Mein erstes Buch.
Nein, klar, es war nicht das erste Buch, was ich gelesen habe. Oder besessen. „Die fünf Freunde“ waren vorher, „TKKG“ war vorher, oder etwa „Das Rote U“ von Wilhelm Matthießen, der im Nachbarort meiner Heimatstadt geboren war und in dessen Fall ich auch 25 werden musste, bis ich herausfand, dass er neben einem der klassischen Jugend-Detektiv-Romane auch wüste Nazi-Hetzschriften herausgebracht hat. Karl May war ebenfalls davor, aber hat mich nie ganz gewinnen können.
Nein, es war „Erben des Imperiums“ (im Original: „Heir to the Empire“), das ich als erstes Buch selbstständig haben wollte, von vorne bis hinten gelesen und dann die Reihe weiterverfolgt habe. Klar liebe ich „Krieg der Sterne“ sowieso und könnte hier seitenweise darüber schwadronieren – aber darum geht es gar nicht.
Mit diesem Buch hat es angefangen, Zahn – dramaturgisch passend alphabetisch der letzte Eintrag hier – hat mich die Freude am Lesen gelehrt. Völlige Trivialliteratur, auch noch gewissermaßen Franchise-getragen, aber dennoch – allen „Besserlesern“ zum Trotz war es dieses Buch, das mich endgültig auf den Pfad der gedruckten Worte geleitet hat. Und das zählt.
Ich habe auf Facebook schon Leute markiert und auch tolle Antworten erhalten. Dennoch frage ich mal offen in den Raum: Wie ist es mit euch? Welche Bücher haben euren Lebensweg bisher gezeichnet?
Gebt doch, wenn ihr mögt, mal Bescheid; hier im Blog per Kommentar, oder bei euch, ganz wie ihr wollt. Aber es würde mich auf jeden Fall interessieren!
Viele Grüße,
Thomas
Einkaufsliste
Gaiman, Neil: Neverwhere
Gaiman, Neil: Niemalsland
Gibson, William: Spook Country
Gibson, William: Quellcode
Green John: Looking for Alaska
Green John: Eine wie Alaska
Kiesow, Ulrich: Die Gabe der Amazonen (DSA)
Lovecraft, H.P.: The Shadow over Innsmouth
Lovecraft, H.P.: Schatten über Innsmouth
Palahniuk, Chuck: Fight Club (eng.)
Palahniuk, Chuck: Fight Club (dt.)
Saul, John: The Blackstone Chronicles
Saul, John: Die Blackstone-Chroniken
Tolkien, J.R.R.: The Lord oft he Rings
Tolkien, J.R.R.: Der Herr der Ringe
Weis/Hickman: Die Chronik der Drachenlanze
1: Dragons of Autumn Twilight
2: Dragons of Winter Night
3: Dragons of Spring Dawning
The Annotated Chronicles
Auf deutsch komplett out of print, wie es scheint. Bitte sagt mir, dass ich irre!
Zahn, Timothy: Die (erste) Thrawn-Trilogie (Krieg der Sterne)
1: Heir to the Empire
2: Dark Force Rising
3: The Last Command
1: Erben des Imperiums
2: Die dunkle Seite der Macht
3: Das letzte Kommando
Feine Liste! Hast du das recht neue Hörbuch der Thrawn-Trilogie gehört? Das ist mal echt hübsch gemacht, teils mit Originalstimmen. Ich hatte regelrecht Hör-Flashbacks … Daaaaamaaaaals, als wir noch Star Wars-Bücher lasen …. :D
Danke dir :)
Und nein, die Hörspiele habe ich bisher nicht gehört =)
Ich denke das ändere ich bald aber mal, du bist nun auch nicht die Erste, die mich darauf anspricht!
Allerdings muss ich deiner Vergangenheitsform widersprechen – zwar fresse ich die nicht mehr im Dutzend wie früher, aber so ab und an einen Star-Wars-Roman fürs allgemeine Wohlbefinden? Doch, das muss durchaus sein :)
Viele Grüße,
Thomas
Jupp… irgendwo in meiner Facebook-Timeline fliegt auch mein entsprechender Beitrag zu dieser „Mem“-Geschichte rum. ^^
Aber schön, dass du die Sache nochmal hier im Blog thematisiert hast. Habe ich Anfangs auch drüber überlegt, es dann aber bleiben lassen.
Freut mich, dass es dir gefallen hat =)
Und ja, mir brannte das auf der Seele; so ganz unkommentiert wollte und konnte ich meine Übersicht einfach nicht lassen.
Viele Grüße,
Thomas