Ein paar Gedanken zum erweiterten Krieg der Sterne

Hallo zusammen!

Wer dieses Blog hier regelmäßig liest, oder wer vielleicht heute das erste Mal hier ist, aber ein wenig links und rechts dieses Artikels geschaut hat, was es so gibt, der wird bemerkt haben, dass Bücher und das Lesen einen immensen Teil meines Lebens ausmachen. Beruflich und privat, und durchaus auch von dem Inhalt meines Kopfes bis zum Inhalt meiner Wohnung. Aber – und das wissen vermutlich weniger Leute – das war nicht immer so. Im Gegenteil. Sicherlich, da waren „Das Rote U“ und Blytons fünf Freunde, aber schon der elterliche Konditionierungsversuch mit Karl May ging eher fehl und nachdem ich Winnetou nach nicht ganz 20 Seiten zugeschlagen hatte, war auch erst mal gut.

Es gab aber was, das liebte ich damals schon: „Star Wars“, oder wie es damals noch weitläufig hieß (und heute nur noch manchmal aufblitzt): „Krieg der Sterne“. Und als dann 1992 – klein Thomas ist da 9 – Timothy Zahns „Erben des Imperiums“ erschien, änderte sich alles. Alles! Das war ein neues Abenteuer mit „meinen“ Helden, neue Feinde und neue Geschichten um Luke Skywalker, Han Solo, Leia Organa (Solo) und all ihre Mitstreiter. Da heulten TIE-Fighter wieder durch das Weltall, Lichtschwerter brummten, wenn man sie schwang, kurzum: Die Geschichte vor langer Zeit, in einer weit, weit entfernten Galaxis ging weiter. Und damit wurde aus einer Liebe zum Krieg der Sterne eine regelrechte Leidenschaft.

Ich war damit ja nicht alleine und schnell füllten sich die Buchregale mit weiteren Titeln. Nach Zahns zweifelsohne großartigen Trilogie und dem Abschröpfen der früheren, weniger erfolgreichen Titel wie Fosters „Skywalkers Rückkehr“ und Daleys „Han Solos Abenteuer“ musste man dennoch nicht lange darben, denn bald schon folgten Kathy Tyers’ „Der Pakt von Bakura“, Kevin J. Andersons Jedi-Akademie-Trilogie oder Dave Wolvertons „Entführung nach Dathomir“, dessen Nackenbeißer-Cover für lange Jahre einen der Tiefpunkte meiner privaten Sammlung darstellte.
Und eine Sammlung wurde es. Zwar war „Erben des Imperiums“ nur der Dammbrecher und viele andere „triviale“ Reihe, etwa auch „Das schwarze Auge“, folgten direkt hernach, doch der Krieg der Sterne blieb lange an der Spitze (und bis heute relevant). Einige Regalmeter sind mittlerweile dem Ringen der Jedi-Ritter um das Gleichgewicht der Macht gewidmet.

Und dann kam Disney.
Als George Lucas alle Rechte am Krieg der Sterne an Disney für eine Summe verkaufte, mit der man Staatshaushalte sanieren könnte, ahnte ich schon, dass das Konsequenzen haben würde. (Auch wenn ich offen gesagt das pure stoische Unwissen und vor allem mal wieder diese dem Internet leider so eigene Grundhaltung, erst einmal mit Häme, Bitterkeit und Hass zu reagieren und sich in schnell ermüdenden Phrasen darüber zu verlieren, dass jetzt ja wohl alle Wookies durch Goofy ersetzt würden, obschon doch gerade die Marvel-Film beweisen, wie haltlos solche Spinnereien sind, wirklich anstrengend fand und finde.)
Und ich gebe zu: Als das erste Foto vom „table read“ des Drehbuchs zu Episode VII ins Netz ging und mit Harrison Ford, Carrie Fisher und insbesondere Mark Hamill da die Helden meiner Kindheit saßen, da war ich gehyped. Bin es noch immer.
Als dann aber die Meldung kam, dass Disney das sogenannte „expanded universe“ (EU), also all diese in anderen Medien wie Videospielen, Comics und Büchern erzählten Geschichten, vom Kanon ausschließen würde – sie also gewissermaßen mit der gleichen Aussagekraft ausstatten wie jedwede Form von Fanware –, hätte ich vermutlich fluchen müssen. Ein Schnitt, der zwar deutlich und klar definiert, nicht aber zwingend Gutes von Schlechtem trennt. Denn auf diese Weise sind Admiral Thrawn (aus Zahns Romanen), Natasi Daala (aus Andersons Romanen) und Kyle Katarn (aus den Dark-Forces-Videospielen) erst einmal aus dem Rennen, Jar Jar Binks und die Midichlorianer aber weiter an Bord. Ich komme aber darauf zurück.
In jedem Falle hätte ich zornig, enttäuscht, traurig und wütend sein sollen, immerhin wurde hier gerade im Handstreich scheinbar alles entwertet, worauf mein Lesen – und damit, sagen wir es mal etwas hochtrabend, meine berufliche Karriere bis heute – beruht. Ich hätte toben sollen. Aber eigentlich fand ich es ganz okay.

Lassen wir mal die technische Seite außen vor, dass das EU unter Lucas auch schon bestenfalls als Kanon zweiter Ordnung zu betrachten war – und auch, dass Lucas’ eigene Aussagen zu dem Thema zueinander in etwa so konsistent waren wie die Fassungen seiner Filme, die er veröffentlicht hat. Das ist zwar relevant, aber dennoch eher zweitrangig. Der Punkt ist ein ganz anderer.
Zahns Bücher sind ohne Zweifel richtig gut; manche andere in der Reihe sind ebenfalls mehr als nur „in Ordnung“. Aber sie waren deshalb wie Rock’n’Roll auf Buchseiten, wie Zelluloid zwischen Buchdeckeln, weil sie die Geschichten von Luke, Han und Leia fortgesetzt haben. Weil dieser Hunger, dieser Bedarf nach mehr da war, auch nachdem im Dorf der Ewoks Luke seinen Abschied von den Jedi-Geistern genommen hatte.
Dieser Hunger wurde von Zahn und den anderen bedient, ja. Aber er wurde – zumindest für mich – nicht gestillt. Ich will mehr. Und jetzt kriege ich mehr.
Klar kann das schiefgehen. Klar waren die Prequels nicht, was sich die Fans erhofft hatten (wobei ich jederzeit bereit bin, für Episode III zu kämpfen; der Film war nicht perfekt, aber er hat durchaus eine ganze Menge richtig gemacht; ach und allgemein, der Nostalgia Critic hat neulich ein tolles Video über die guten Seite der Prequels gemacht). Aber das hier werden nicht die Prequels; ich denke schon die ersten vom Set durchgesickerten Fotos machen das klar.

Auch ist das EU nicht vom Tisch. Klar, es ist nun erst einmal nicht mehr Kanon und wird ab sofort unter dem „Legends“-Banner vertrieben, ähnlich wie manche Was-wäre-wenn-Reihe im Comic-Bereich. Aber nicht nur, dass es überhaupt weiter vertrieben wird, nein, vor allem steht es ja zur Inspiration bereit. Auch das ist schon unter Lucas passiert. In den frühen Drehbüchern der alten Trilogie hieß die Kernwelt noch „Had Abbadon“; der Name Coruscant dagegen stammt ebenfalls aus den Zahn-Büchern und wurde dann von Lucas in die Prequels übernommen. Hier ist das nun ebenfalls nicht auszuschließen.

Aber selbst wenn nicht. Selbst wenn Admiral Thrawn niemals seine blaue Haut auf der Leinwand zeigen wird – oder wenn er sie zeigt, aber nicht blau ist –, im Grunde ist es mir egal. Die Bücher haben ihre Geschichten über lange 20 Jahre erzählen können und hatten am Ende durchaus stellenweise erkennbar Schwierigkeiten, den Faden noch weiter zu spinnen. Was gar nicht daran liegt, dass dem Setting die Geschichten ausgingen, aber ohne ordentliche (crossmediale) Supervision ist daraus ein Flickenteppich entstanden, der kaum noch zu durchblicken ist und schon jetzt nicht ohne Widersprüche auskommt. Das betrifft die Bücher und betrifft die Filme untereinander (Leia kann sich in „Rückkehr der Jedi-Ritter“ an ihre Mutter erinnern, die aber in „Rache der Sith“ bei der Geburt stirbt … sicher, das kann man sich schönreden; aber genau das tut man dann auch: man redet es sich schön, weil es das vorher nicht war).
(Ein kleiner Bonus für uns Deutsche ist es ja, dass nicht mal der Titel des obersten Schurken konsistent ist und was in allen anderen Teilen ’der Imperator’ ist, ist in „Eine neue Hoffnung“ nach wie vor halt ’der Kaiser’.)
Ich kann verstehen, dass kein Regisseur dieser Welt, kein Drehbuchschreiber und auch kein Produzent sich den Schuh anziehen will, einerseits inmitten dieses Dickichts aus halb abgesprochenen Plot-Entwicklungen zu arbeiten und andererseits ein Maß an Konsistenz zu waren, das verhindert, dass sich die Hardcore-Fans in Foren das Maul zerreißen. Und somit verstehe ich gut, dass Disney der „Ein Schrecken mit Ende“-Version den Vorzug gegeben haben. Verstehe es gut.

Was bleibt also am Ende?
Ein Haufen guter Bücher, der aber auch jetzt noch immer gut sein wird. Sicher kann man jetzt lange darüber streiten, inwiefern Disneys Manöver die Bücher entwertet, aber nein, die Worte auf den Seiten ändern sich nicht. Und wenn bei Marvel alleine in Comic-Form scheinbar endlos viele parallele Welten existieren können, dann schafft Star Wars es auch, bei zwei Reihen zu funktionieren. Niemand jedenfalls wird mit der Hand wedeln und einem Interessierten sagen, dies seien nicht die Bücher, der er suche.
Vor allem aber kriegen wir neue Abenteuer auf die Leinwand. Mit alten und neuen Gesichtern, mit neuem Regisseur für frischen Wind und nicht zuletzt einem Drehbuchautor, der einige der großartigsten Abenteuer-Filme der 80er Jahre geschrieben haben.
Es ist, wie Timothy Zahn auch selbst auf Facebook schrieb:

Bottom line: let’s all sit back and relax and see what new adventures are offered to us, both in new books and new movies. It’ll be Star Wars, and that’s what counts.

Und wenn dann 2015 blaue Buchstaben den Weg in eine fremde Galaxis weisen und dann ein gelber Text in leicht schrägem Winkel den fernen Sternen entgegenzieht, dann bin ich im Kino. Diese Begeisterungsfähigkeit von einst, wir verlieren sie ohnehin viel zu schnell.
Und genau darum bin ich im Kino – und freue mich.

Viele Grüße,
Thomas

2 Kommentare zu “Ein paar Gedanken zum erweiterten Krieg der Sterne

  1. Von Timothy Zahns „Erben des Imperiums“ gibt es übrigens aktuell eine ganz hervorragende Hörspielumsetzung mit den deutschen Sprechern der Originalfilme. Feinstes Kopfkino! ;)

    • Das stimmt, ja, die habe ich gar nicht erwähnt.
      Aber schön zu wissen, dass die was taugt – neugierig bin ich auf die schon länger :)

      Danke für den Hinweis!

      Viele Grüße,
      Thomas

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