Über Vergänglichkeit

Hallo zusammen!

Ihr müsst schon wirklich lange hier mitlesen, um euch zu erinnern, dass ich vor gut einer Dekade auch mal mehrere Jahre die Foto-Dokumentation der Schultheatertage in Aachen gemacht habe. Das, ebenso wie einige andere Foto-Projekte, lief über einen Kontakt zum Theater99 sowie zur Aachener Kultur- und Theaterinitiative – und dort untrennbar über Jutta Kröhnert, ihrerseits Schauspielerin und Theatermacherin.

Es gibt keine Art, es schonend zu sagen: Jutta Sophie Charlotte Kröhnert ist vor einigen Tagen überraschend und im Alter von nur 62 Jahren verstorben.
Ich will an dieser Stelle keine Nähe suggerieren, die es nicht gab – es ist glaube ich zehn Jahre her, dass ich Jutta das letzte Mal persönlich getroffen habe. Die Verbindungswege in Aachen sind zwar letztlich nie lang – die Platzhalter, für die ich jüngst ja noch ein Poster entwarf, spielen im Theater99 auf, und gleich mehrere Freunde von mir standen vor wenigen Wochen noch zusammen mit Jutta bei ihrer Inszenierung von Moby Dick auf der Bühne. Dennoch sind wir uns ewig nicht mehr persönlich begegnet.
Andererseits ist Jutta mir in jeder unserer Begegnungen stets als herausragender Mensch erschienen. Sie hinterlässt eine tiefe Lücke in der Theater- und Kulturlandschaft Aachens, aber natürlich auch bei all den Menschen, die ihr nahegestanden haben – und das sind schon in meiner eigenen, direkten Bubble viele.
Jutta war aber auch eine der ersten, von der ich planloser Autodidakt damals eine Chance in einem professionellen kreativen Rahmen erhalten habe. Fotografie ist inzwischen wieder mehr ein Hobby für mich, aber in meiner Freiberufler-Zeit hat sie mir ein paar coole Foto-Projekte vermittelt, und – ganz platt – mindestens bei den Schultheatertagen auch Anteil daran gehabt, dass Essen auf meinen Tisch kam.
Und was ich über die Jahre gelernt habe: Menschen, über die ich sowas sagen kann, sind eigentlich immer auch Steigbügelhalter für viele andere Kreative gewesen.

Ich wollte und will mir nicht anmaßen, hier einen expliziten Nachruf zu schreiben – das steht mir nicht zu, dafür ist der Kontakt viel zu lange nur peripher gewesen. Das haben lokale Medien auch schon abgedeckt.

Ich wollte es aber noch aus einem anderen Grund hier aufgreifen:
2024 geht ja auf sein Ende zu, und ich bin mir sicher, auch viele, die hier mitlesen, nähern sich dem Punkt, an dem sie Pläne für das neue Jahr schmieden, gute Vorsätze formulieren oder zumindest Ziele für sich abstecken. Dabei ist glaube ich jedem grundsätzlich der Impuls bekannt, manche Dinge auch vor sich herzuschieben. Die sperrigen, die umständlichen, die unangenehmen Dinge, aber auch vielleicht einfach die, die zwar womöglich wichtig wären, aber gerade nicht dringend sind. Denn es eilt ja nicht, man hat ja noch Zeit.
Außer … wenn man sie vielleicht doch nicht mehr hat.

Manchmal kündigt der Tod sich an, manchmal aber eben auch nicht.
Die Reise, die ihr immer gerne schon mal machen wolltet, aber die echt gerade nicht in den Plan passt? Macht sie.
Die Freunde, die ihr noch mal besuchen oder wenigstens anrufen wolltet? Schiebt es nicht auf.
Das Bild, das ihr malen, das Buch, das ihr schreiben, das Lied, das ihr komponieren wolltet? Macht das.

Viertausend Wochen dauert ein durchschnittliches Leben. Das ist in sich schon viel zu wenig Zeit – und niemand, niemand kann euch garantieren, dass euch selbst dieses Wenige am Ende überhaupt gegeben sein wird.
Nutzt die Zeit, die euch bleibt.
Nutzt sie.

Viele Grüße,
Thomas

Ein Kommentar zu “Über Vergänglichkeit

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