Ich gebe ehrlich zu, derzeit bin ich von einer Entwicklung auf dem Buchmarkt ein wenig verwirrt. Sie lässt sich auf den Markennamen Sony und drei Buchstaben sowie drei Zahlen zusammenkürzen: PRS-505. Das ist die recht unelegante Bezeichnung des neuen eBook-Readers aus dem Hause Sony, der sich gerade anschickt, das gute, alte Buch aus totem Baum zu ersetzen.
Was mich daran vor allem verblüfft: Irgendwie ziehen alle mit. Zumindest so ein bisschen. Die Mayersche hier in Aachen hat schon eine ganze Weile ein Demonstrationsstück ausgestellt und verteilt derzeit großzügig Flyer, die üblichen Untergangsprediger der gedruckten Bücher erstatten Bericht und diverse Internet-Shops verweisen auf das Gerät. Und nachdem ich es jetzt auch schon ein, zwei Mal gesehen habe, frage ich mich ehrlich – warum?
Okay, ja, es hat eine phantastische Akku-Laufzeit, da das System keinen Strom zur Darstellung braucht und man somit rund 7.000 Seiten mit einer Ladung gelesen bekommt. Das ist schön Schön ist auch sicherlich der ordentliche Speicherplatz und, klar, weil Sony, die MP3-Fähigkeit. Es ist auch nett, dass das Dingen – im Gegensatz zu Amazons Kindle, der jetzt in Amerika auch schon eine ganze Weile raus ist und auch keine Revolution ausgelöst hat – auch MP3s darstellen kann.
Überhaupt, in Amerika gibt es den/das/die PRS jetzt auch schon eine ganze Weile und trotzdem werden da noch Bücher gedruckt.
Denn ganz ehrlich, es gibt auch eine Menge Kritikpunkte. Wer sagt, dass elektronisches Papier vom Druckbild her echtem Papier gleiche, der demonstriert höchstens, dass er zu lange Zeit nicht mehr vom Monitor weggekommen ist. Klar, da Kontrastverhalten ist toll und ePaper kann gerade bei Lichteinfall gegenüber LCDs gewaltig punkten. Andererseits sind LCDs hintergrundbeleuchtet und daher auch bei Dunkelheit zu gebrauchen. Ist ein Gleichstand, finde ich.
Aber es sieht nicht aus wie gedruckt. Ich kann nicht schnell blättern, ‚to flip through the pages‘ wie der Anglophone sagt. Bis zu mehrere Sekunden vergehen teilweise, wenn das Gerät die Seite wechselt, wie auch in der ersten Kritik durch die Chip erwähnt.
Und dann ist da der Preis: Für 300 Euro, die das Biest kosten wird, habe ich das Netbook gekauft, auf dem ich diesen Artikel schreibe. Das kann Musik und PDF, Grafiken, Grafikbearbeitung, Schreibprozesse, Videos, das Internet und vieles mehr. Dahingehend wirkt ein eBook-Reader wie ein maßlos überspezialisiertes Gerät.
Ich sehe durchaus mögliche Anwendungsgebiete, etwa für die Tageszeitung (was gerade beim Kindle über Amazons WhisperNet sehr elegant funktioniert), oder als PDF-Betrachter für Unterwegs. Aber das einfach nicht zu dem Preis.
300 Euro, das sind alleine schon mal ca. 30 Romane, wenn ich sie im Laden kaufe. Nur für diese 300 Euro habe ich die Romane ja noch gar nicht, ich habe quasi nur die Seiten gekauft. Um die Tinte da drauf zu bekommen, muss man dann noch mal bezahlen. Womit sich die Kalkulation noch mal verschiebt. Vor allem, weil ich gerade mal geschaut habe und viele neue eBooks nicht mal billiger sind. Das mag sicherlich an der Preisbindung liegen. Nur frage ich mich jetzt doch ehrlich: Wenn jetzt etwa Folletts „Die Tore der Welt“ als eBook 24,90 Euro kostet, genauso wie als Hardcover gebundener Roman – wer kassiert die Differenz? Also das Papier, die Druckkosten, die Bindung, Lagerhaltung, Versand – all das, was Bücher heute leider eher teuer macht? Ich bezweifle, dass das Geld bei den Autoren ankommt. Da nutzt es auch nichts, auf die deutsche Preisbindung zu zielen, das mag Ursache, aber keinesfalls Legitimation sein.
Und es verbleibt die Frage, ob man, wenn sich das Gerät gewissermaßen amortisiert hat, nicht schon an dem Punkt angekommen ist, dass man auf das Nachfolgemodell schielt, dass dann vielleicht Farben darstellen kann oder nicht in Klausur geht, wenn eine Grafik die Bildfläche betritt.
Also ich bleibe definitiv bei meinen Büchern aus Papier – und das sage ich auch ganz beherzt als jemand, der nicht nur liest, sondern auch schreibt. Blogs sind in ihrer Aktualität natürlich nicht druckbar. Digitale Formate sind toll, etwa um auch Ergänzungen zu Büchern zu veröffentlichen oder um praktische Anwendungen zu unterstützen; ich denke etwa, zu „Einfach Filme machen“ werde ich die enthaltenen Verträge und Formulare auch als Dateien zum Download hier anbieten.
Aber das Buch selber soll und wird genau das werden: Ein Buch.
Von Gefühl und Geruch, von all den Eigenarten eines jeden Buches mal ganz abgesehen, über die ich ja vor mehr als einem halben Jahr auch schon einmal schrieb.
Viele Grüße,
Thomas






Wen hingegen meine berufliche Arbeit als Verlagsleiter und leitender Layouter für Ulisses Spiele interessiert, findet
Absolute Zustimmung! Ich könnte mir zwar gut vorstellen, dass beides seine Nische findet und da auch gut drin ist, aber ich hoffe, ich klinge da nicht zu verknöchert: Bücher finde ich eigentlich unersetzbar. Eine Bibliothek mit Büchern sieht einfach schöner aus einer Bibliothek mit… hm, ja, was? DVDs? Kästen? Neeeeeee!
Edit: Da muss natürlich aus dem „aus“ ein „als“ werden hier oben drüber: „Eine Bibliothek mit Büchern sieht einfach schöner aus als eine Bibliothek mit…“ Und ein „r“ zu viel. Cruzifixnochmal!