Vier Jahreszeiten: Frühling

Hallo zusammen!

Neulich sagte mein Kumpel Scorp was zu mir, was so ultimativ knackig eine so elementare Wahrheit ausdrückt, dass ich sie hier eingangs einfach zitieren muss. Er fragte mich: „Erinnerst du dich, als wir noch Herbst und Frühling hatten?“
Keine Angst, die „Klima-Katastrophe“ überlasse ich anderen zu diskutieren, aber abseits aller Ursachen und rein faktisch – sozusagen als meteorologischer Endnutzer – ist ein Phänomen jedenfalls hier in der Region kaum zu ignorieren: Der Frühling wird immer sommerlicher.
Der Winter von 2010/’11 war einer der krassesten, an die ich mich überhaupt erinnern kann und hat auch Aachen mit einer Wucht erwischt, wie ich sie nicht erwartet habe. Dass der Aachener als solcher nicht gut mit Schnee kann ist ein offenes Geheimnis, aber diesen Winter war es einfach nur gut und Recht, dass Leute irgendwann das Handtuch geworfen haben.
Und dann war es zwei Wochen lang „nicht mehr Winter“ und schon saßen wir im Sommer.

Dabei fehlt mir der Frühling durchaus. Schon aus Jugenderinnerungen heraus – und sei es nur, dass da Eindrücke wiedererwachen aus der Zeit, in der man halt wieder beginnen konnte, draußen zu spielen. Also etwas zu spielen, was keinen Schnee beinhaltete.
Diese Erinnerung an „Frühlingsluft am Vormittag“, wenn fahles Licht in Strahlen durch das Blätterdach der Bäume des Waldes, neben dem ich groß wurde, gefallen ist und man erstmals wieder raus auf taunasse Wiesen gehen konnte, das war immer eine tolle Zeit.
Auch ist der Frühling die Zeit, in der die Vögel wiederkehren. Das kriegt man in der Stadt weniger mit (wobei ich mich ja mittlerweile in eine grünere Ecke von Aachen vorgearbeitet habe) und man verliert es auch etwas aus den Augen, weil zumindest die vermaledeiten Tauben 365 Tage im Jahr gurren, aber das macht für mich essenziell den Frühling aus.
Sicher, man mag einwenden, dass auch ohne sanfteren Übergang von Winter zu Sommer die Vögel heimkehren, aber es hat irgendwie rein subjektiv halt doch eine andere Qualität. Da bin ich wohl auch Kind meiner Eltern, denn es ist einfach auch hängen geblieben, dass mein Vater mich immer raus gerufen hat, wenn die Gänse wieder schnatternd heimkehrten. Und auch heute mache ich das und gehe gucken und freue mich, wenn irgendwann die kunstvollen Formationen über den Himmel ziehen.
Frühling, das ist auch die Zeit, wo man wieder beginnen kann, im Garten zu arbeiten. Sicher, in der Eifel ist das mit späten Frostnächten und teilweise schlichtweg durchgefrorenem Boden noch mal etwas anderes, aber es gehört dazu.

Rein literarisch fallen mir im Großen und Ganzen zwei bis drei Tropen im weiteren Sinne ein, wenn ich an Frühling denke. Also Tropen im Sinne der rhetorischen Figur, nicht im Sinne des Urwalds.
Auf der einen Seite steht da ganz klar das Frühlingserwachen. Und damit meine ich nicht das Werk von Wedekind, sondern vielmehr die generelle Stimmung, die an dem Begriff hängt. Aufblühende Blumen, der Wegfall der Last des Winters, bunte Farbe, leichtere Kleidung, das Näherkommen und Erreichen der Zeit, in der man die Heizung bzw. den Ofen wieder auslassen kann – all das sind Ideen, die ich mit dem Frühling verbinde.
Und auf der anderen Seite gibt es natürlich auch die Frühlingsgefühle. Ob es jetzt an der erhöhten Lichtintensität, am Hormonhaushalt oder an einer Auswirkung der luftigeren Kleidung liebt – Frühling ist ganz klassisch natürlich auch die Zeit zum Verlieben. Das lehren uns alle Medien immer wieder gerne, aber ich das Leben tut es auch recht gerne. Die Wissenschaftler sind sich uneins, woran es liegt, aber im Grunde kann es einem ja nun auch wirklich egal sein.
Auch Tropus Nr. 3 ist wissenschaftlich ungeklärt und beschreibt die Frühjahrsmüdigkeit. Da allerdings muss ich klar gestehen, hier eine Nennung der Vollständigkeit halber gemacht zu haben – denn das ist ein Phänomen, dass mich eigentlich immer in Frieden lässt.

In gewisser Weise sind Frühling und Herbst die Jahreszeiten, in denen die Welt sich jeweils wandelt, wohingegen Sommer und Winter jene sind, in denen sie dann exzessiv auslebt, wozu sie sich gewandelt hat.
In gewisser Weise scheint die Welt damit aber auch aktuellen Medientrends gerecht zu werden – die Zeit, in der sich etwas ändert, ist zunehmend kürzer, die Exzesse dafür umso, nun, exzessiver.

Aber vielleicht sind es ja auch nur Phasen. Vielleicht kriege ich in den kommenden Jahren auch noch mal einen klassischen Frühling. Wer weiß.
Geprägt hat er mich aber allemal.

Viele Grüße,
Thomas

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